Sechs Jahre Haft für Schuss auf Ehefrau

Das Landgericht Wuppertal hält dem Täter zugute, dass er Hilfe gerufen hat.

Wuppertal/Mettmann. Mit einem müden Gesicht nimmt der Angeklagte das Urteil hin: Sechs Jahre Haft, weil er auf seine Frau geschossen hat. Im Februar vor zwei Jahren hatte die Kugel die 64-Jährige am Kopf getroffen. Sie überlebte nur durch eine Notoperation mit schweren Hirnverletzungen, wird nach Ärztemeinung nie wieder ganz gesund werden.

Vier Sitzungstage brauchte das Landgericht Wuppertal, um die Tat in der Mettmanner Wohnung der Frau aufzuklären. Der 65-jährige frühere Gelegenheitsarbeiter hatte behauptet, bewusst vorbeigezielt zu haben. Seine Frau habe ihn im Streit mit Fleischermessern angegriffen.

„Das mit dem Warnschuss ist Quatsch“, sagte der Vorsitzende. Der Angeklagte habe aus 1,50 Meter Entfernung gezielt in Richtung des Kopfes seiner Frau geschossen. Dabei habe er in Kauf genommen, sie zu töten: „Das war ein versuchter Totschlag.“

Allerdings könne er nur für eine Körperverletzung bestraft werden: „Sie haben etwas richtig gemacht. Sie haben Hilfe gerufen“, sagte der Richter. Indem er zum nahe der Wohnung gelegenen Taxistand ging und darum bat, einen Rettungswagen zu rufen, habe er das Leben der Frau gerettet.

Cordula Wölting, die Anwältin der Frau, hielt dem Angeklagten vor, wie er sich erst die Hände gründlich gewaschen habe, um Schmauchspuren der Pistole loszuwerden. Die Anwältin deutete erneut an, dass Mordmerkmale erfüllt sein könnten. Der Mann habe seine Frau möglicherweise angegriffen, weil sie seine Machenschaften mit Raubkopien aus dem Internet beenden wollte. Beweisen lasse sich das allerdings nicht.

Trotz errechneter 2,4 Promille zur Tatzeit sieht das Gericht den Angeklagten als voll schuldfähig an, folgt damit dem Gutachten des Gerichtspsychiaters. Die Vorstrafen des Rentners umfassen drei Jahrzehnte; Raub und schwerer Diebstahl zählen dazu.

Mit sechs Jahren entspricht das Urteil fast genau dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die ein halbes Jahr mehr gefordert hatte. Drei Monate gelten laut Gerichtsbeschluss als bereits verbüßt, weil ein Gutachten das Verfahren verzögert hatte. Verteidiger Klaus Wülfing hatte eine Bewährungsstrafe gefordert — er wertete die Tat als missglückten Schreckschuss.

Das Gericht rügte ausdrücklich die Arbeit der Polizei: „Die Tatortuntersuchungen haben nicht unseren Vorstellungen entsprochen.“ Munition des Angeklagten war erst vom Hausmeister am Tatort gefunden worden. Die Kompetenz des leitenden Ermittlers des Polizeipräsidiums Düsseldorf stellte die Kammer in Frage.