Wenn es für Kinder unerträglich wird
Nicht immer ist das Zuhause für Kinder ein sicherer Ort. Die Zahl der „Problemfamilien“ nimmt bundesweit zu. Vernachlässigung oder häusliche Gewalt sind an der Tagesordnung.
Mettmann. Der Pflegekinderdienst hat im Jugendhilfeausschuss seinen diesjährigen Tätigkeitsbericht vorgestellt. Danach sind aktuell 41 Kinder und Jugendliche in Pflegeverhältnissen untergebracht, davon 15 bei eigenen Verwandten und 24 dauerhaft in Pflegefamilien.
Obwohl 13 Neufälle hinzukamen, hat sich die Gesamtzahl der Fälle gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Sieben der Neufälle betreffen sogenannte „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ (UmF) im Alter von 15 bis 17 Jahren. Von insgesamt 59 UmF, die bis Ende 2015 in die Erstaufnahmeeinrichtung aufgenommen wurden, konnten nur sieben in Pflegefamilien vermittelt werden, davon zwei in Verwandtschaftspflegeverhältnisse.
Bundesweit sei in den letzten Jahren eine steigende Tendenz der problematischen Familienverhältnisse zu beobachten. Fälle, in denen Kinder und Jugendliche unterversorgt seien und es mit psychisch kranken oder suchtkranken Eltern zu tun hätten, nähmen zu. Ist das Kindeswohl gefährdet, kommt eine Inobhutnahme durch das Jugendamt in Betracht.
Bundesweit ist zu beobachten: Die Vermittlung von Kindern im Alter bis drei Jahren stellt ein gutes Viertel der Gesamtzahlen dar. Es sind Kinder, die von ihren Eltern zurückgelassen wurden. In einigen Fällen wurde den Eltern das Sorgerecht entzogen oder sie gelten als erziehungsunfähig. Weitere 25 Prozent der Kinder sind zwischen drei und sechs Jahren alt. Ein größerer Teil dieser Kinder wurde „hin- und hergereicht“, — manchmal zwischen Müttern, Großeltern oder Nachbarn.
Typisch sind Varianten zwischen unzureichender Versorgung und massiver Vernachlässigung, häusliche Gewalt und/oder erfolglose Versuche der Jugendhilfe, die Familie zu stabilisieren. Die Kinder zeigen oft erhebliche Entwicklungsrückstände, heißt es in einem Bericht, den der Ausschuss zur Kenntnis nahm. Im Bereich des Pflegekinderdienstes der Stadt Mettmann sind oben skizzierte Entwicklungen ebenfalls zu beobachten, hieß es. Die Vermittlung in eine Pflegefamilie ist gegenüber der stationären Pflege in einem Heim vorzuziehen. Ebenso ist eine Verwandtenpflege, etwa bei der Tante, vorzuziehen.
Meist weisen diese Kinder psychische Auffälligkeiten bis hin zur klinischen Traumatisierung auf. Pflegefamilien werden daher besonders in der Anfangszeit intensiv durch den Pflegekinderdienst begleitet. Dazu gehört die therapeutische Unterstützung der Kinder, der Erziehungsbeistand für die Familie und im Falle der UmF ein Integrationshelfer. In einer „Supervisionsgruppe“ können sich die Pflegeeltern regelmäßig untereinander und mit dem Pflegekinderdienst austauschen.
In Kooperation mit anderen Jugendämtern aus dem Kreis Mettmann wurden zuletzt zwei Fortbildungen, unter anderem zum Thema „Bindung/Pubertät“ angeboten. Auf Wunsch vieler Eltern wird es im Februar eine weitere Fortbildung zum Thema „Selbstfürsorge und Resilienz“ geben. Resilienz ist die Fähigkeit, mit belastenden Situationen umzugehen, ohne selbst krank zu werden. Einmal im Jahr findet das Pflegekindergrillfest statt.
Vor dem Hintergrund der allgemeinen Entwicklung sind Bewerberseminare zur Akquise für die Familiäre Bereitschaftsbetreuung und Pflege auf Zeit geplant. Pflegefamilien müssen gewisse Rahmenbedingungen erfüllen. Geprüft werden räumliche Ausstattung, Bereitschaft aller Familienmitglieder und, wollen sie einen UmF aufnehmen, interkulturelle Kompetenz.