Mettmann Neanderthal-Museum: Vor dieser Herausforderung steht die neue Chefin
Mettmann · Gerd-Christian Weniger hat das renommierte Neanderthal-Museum geprägt. Für seine Nachfolgerin Bärbel Auffermann wird es auch um ein brisantes Grundsatzthema gehen.
25 Jahre ist eine lange Zeit, eine kleine Ewigkeit. Doch diese kleine Ewigkeit, die jetzt für Gerd-Christian Weniger als Direktor des Neanderthal-Museums zu Ende gegangen ist, ist nichts im Vergleich mit der großen Ewigkeit, die der Professor zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat. Die Aufarbeitung der Menschheitsgeschichte im Allgemeinen und die Rolle, die der vor 40.000 Jahren von der Bildfläche verschwundene Neandertaler dabei gespielt hat, im Speziellen. Eine Lebensaufgabe, die mit dem jetzt begangenen Stabwechsel in der Führung des berühmten Museums an seine Nachfolgerin Bärbel Auffermann eine Zäsur findet.
Bei seiner offiziellen Verabschiedung vor zahlreichen geladenen Gästen im Museum zeichnet Gert Kaiser, Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Neanderthal Museum und früherer Rektor der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Uni nach, was Weniger mit seinem Team von anfangs sechs und mittlerweile 40 Mitarbeitern geschafft hat: das 1996 eröffnete Museum zu einem international anerkannten Forschungsmuseum zu machen.
Kaiser erinnert an die Bedenken, die es anfangs in der Öffentlichkeit gab: dass das Museum nahe der Stelle, wo 1856 die weltberühmten Knochen des Neandertalers gefunden wurden, nicht als seriöse Institution angesehen, sondern als Teil der Unterhaltungsbranche verunglimpft würde. Als „eine Art Disneyland für den Kreis-Tourismus“. Hier sei es ein Glücksfall gewesen, dass mit Gerd Weniger ein gestandener Eiszeitforscher und Ur- und Frühgeschichtler dem Projekt die Seriösität gab, auf die man so angewiesen war. Ein Mann, der damals schon in der wissenschaftlichen Community der Archäologen angesehen gewesen sei und bis heute einen untadeligen Ruf genieße. Weniger und sein Team hätten das Museum zu einer Einrichtung gemacht, die bei Besuchern immer wieder eine „seltene Mischung von Neugier, Staunen und Experimentierlust“ hervorrufe. Das Museum nahe dem Ort, wo 1856 die Knochen des Neandertalers gefunden wurden und das jedes Jahr mehr als 150.000 Menschen besuchen, sieht Kaiser als einen „besonderen Ort der Menschheitsgeschichte“. Weniger habe dafür gesorgt, dass dessen Botschaft weithin vernehmbar ist.
Der von den Gästen mit „standing ovations“ gefeierte Weniger selbst beschreibt, wie wichtig für ihn bei der wissensvermittlung das „Story Telling“ sei. Anschaulich darstellen, ja, das sei wichtig, doch dürfe man beim Erzählen von Geschichten zum Wissenserwerb nie den schmalen Grat von Fakten und Fiktion aus dem Auge verlieren.
Kaiser wird in seiner Lobrede auf die alte und neue Museumsleitung in der Feierstunde einen Moment besonders ernst, als er eine der Herausforderungen beschreibt, vor der die schon bisher stellvertretende Direktorin stehe. Er meint den weltweit zunehmend „heiß gewordenen Streit“ mit religiösen und frommen Menschen, die den Siegeszug der Wissenschaft als Kränkung empfinden. Schließlich hätten nicht nur Charles Darwin, sondern auch die Knochen des Neandertalers das Weltbild der Schöpfungsgeschichte ins Wanken gebracht. Schöpfungsgeschichte gegen Evolution - bei dieser Diskussion sei Taktgefühl und Respekt gefragt statt bloßer wissenschaftlicher Kaltschnäuzigkeit. Wobei natürlich nie der wissenschaftliche Anspruch zu vernachlässigen sei.
Auffermann zeigt sich da sehr entschlossen. „Wir verstehen uns als Lobbyisten für Evolution und Menschheitsgeschichte“. Sie ist stolz auf das von ihr in den vergangenen 23 Jahren bereits mitgestaltete „Menschheitsmuseum“, das als interdisziplinäres Museum zur Menschheitsgeschichte einen Alleinstellungsanspruch im deutschsprachigen Raum habe.
Auch Gerd Weniger bleibt im Ruhestand seinem Lebensthema treu. Schließlich ist er Mitglied in der berühmten Forschergruppe, die in der Höhle von Ardales in Spanien eine Entdeckung gemacht hat, die für Kaiser „atemberaubend“ ist. Die Ergebnisse zeigten, dass der Neandertaler auch als Künstler in Erscheinung getreten sei, womit „das Bild vom Neandertaler als kulturlosem Schlagetot revidiert wurde“.