Betrugsskandal vor Gericht

Am Mittwoch beginnt der Prozess gegen den früheren Mitarbeiter des Hochbauamtes und seine Komplizen.

Ratingen. Die Dreistigkeit, Raffinesse und Kaltschnäuzigkeit, mit der ein inzwischen gefeuerter Mitarbeiter (50) des Hochbauamtes über Jahre hinweg die Stadtkasse betrogen haben soll, ließ auch erfahrene Ermittler staunend und teils fassungslos zurück:

Mit mehr als 1240 gefälschten und fiktiven Rechnungen soll er mit zwei Komplizen fünf Jahre lang insgesamt 2,7 Millionen Euro von der Stadt ergaunert haben.

Am kommenden Mittwoch beginnt vor der 20. Strafkammer des Landgerichts der Prozess gegen den mutmaßlichen Betrüger und seine Helfer, den Geschäftsführer einer inzwischen insolventen Düsseldorfer Heizungs- und Installationsfirma und den Strohmann einer Scheinfirma.

Betrug, Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung wirft laut Anklage die Staatsanwaltschaft dem Trio vor. Dass die groß angelegte und systematische Plünderung der Stadtkasse überhaupt so reibungslos funktionierte, lag auch an der Tatsache, dass der Mitarbeiter im Hochbauamt Rechnungen für Reparaturaufträge bis 5000 Euro netto ohne Gegenzeichnung eines Kollegen zur Auszahlung anweisen lassen konnte.

Angefangen hatte alles 2005. Damals hatte der Mann im Hochbauamt dem Geschäftsführer vorgeschlagen, gegen monatliche Zuwendungen von 800 Euro die Firma bei der Vergabe städtischer Aufträge stärker zu bedenken. Als die Firma finanziell in Schieflage geriet, soll er den Vorschlag mit den fiktiven Rechnungen gemacht haben:

Das überwiesene Geld sollte geteilt werden. Um das bald florierende Treiben zu kaschieren, sollen sie dann eine Scheinfirma gegründet haben, die zusätzlich fingierte Rechnungen ausgestellt hatte.

Die kriminelle Energie und Dreistigkeit, die die Angeklagten an den Tag legten, hatte den Ermittlern stellenweise die Sprache verschlagen. Von den mehr als 2000 Rechnungen, die seit 2005 über den Schreibtisch des Hochbauamtsmitarbeiters gegangen sind, waren etwa 1240 gefälscht, die übrigen waren echt — für tatsächlich erbrachte Leistungen.

Dass das Betrugssystem so reibungslos funktionierte, machte den mutmaßlichen Drahtzieher offenbar übermütig und maßlos. So soll er allein an einem Wochenende neun Rechnungen über 23 000 Euro zusammengebastelt haben, zuletzt gab er sich nicht einmal mehr Mühe beim Fälschen und jagte die Belege gleich mehrfach durch den Kopierer.

Erst Ende April 2010 fiel im Rechnungsprüfungsamt auf, dass mehrere Rechnungen dieselbe Nummer aufwiesen. Als dann noch genauer hingeschaut wurde, flog der ganze Schwindel auf. Als im Mai 2010 Kripo und Staatsanwaltschaft Büros und Wohnungen des Mitarbeiters und seiner Komplizen durchsuchten, hatte er laut Anklage bereits 1,24 Millionen Euro eingenommen.

Das erste Vernehmungsgespräch fand zufällig kurz nach einer gerade erfolgten Geldübergabe statt: Die Ermittler entdeckten bei dem Mitarbeiter ein Geldbündel mit 7500 Euro, das er in seinen Socken versteckt hatte.