Fakten und Hintergrund in Ratingen SPD in Sorge vor „Bürokratie-Monster“

Ratingen/Düsseldorf · Die Diskussion um die umstrittenen Abgaben ist noch längst nicht beendet. SPD spricht von einem Bürokratie-Monster.

Die Straßenbaubeiträge sind weiterhin ein strittiges Thema.

Foto: Blazy, Achim (abz)

(kle) Die Sache ist noch lange nicht vom Tisch. Das Parlament im Landtag hat zwar den Weg bereitet für die von CDU und FDP vorgeschlagene Abschaffung der Straßenbaubeiträge für Bürger, aber die Diskussion um die umstrittenen Abgaben ist damit nicht beendet.

„Aus Sicht der Städte und Gemeinden darf eine Reform unter keinen Umständen dazu führen, die Kommunen weiter zu belasten“, betonte Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds NRW. Ohne eine verlässliche Finanzierungsgrundlage seien der Erhalt und der Ausbau der Straßeninfrastruktur gefährdet.

Rückblick: Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte Ende 2019 beschlossen, die Beiträge der Grundstücks­eigentümer in NRW ab 2020 zu halbieren. Dazu wurde ein Förderprogramm über zwei Jahre mit jährlich 65 Millionen Euro (also insgesamt 130 Millionen Euro) aufgelegt, von denen erst elf Millionen Euro abgerufen worden sind. Die verbleibenden rund 120 Millionen Euro reichen aus Sicht der Koalition für die Zeit bis zu einer Änderung des Kommunalabgabengesetzes.

Daran haben manche in den Städten und Gemeinden so ihre Zweifel. „Viele Kommunen befürchten, dass sie komplett aus der Förderung herausfallen könnten“, erklärte Verbandsgeschäftsführer Sommer. Der Hintergrund: Es sollen nur Städte und Gemeinden eine Förderung erhalten, die bis zum Ende des vergangenen Jahres ein Straßen- und Wegekonzept vorgelegt haben. Alle anderen fallen durchs Raster. „Viele Kommunen haben dies noch nicht erstellt – nicht zuletzt wegen fehlender personeller Ressourcen – und müssten daher nach geltender Rechtslage die Anlieger zur Kasse bitten. „Hier ist Streit programmiert“, so Sommer.

Vermutlich ist dem Städte- und Gemeindebund auch eine Formulierung der Koalition aufgefallen, die manches unklar lässt. Im Antrag heißt es nämlich, dass die Landesregierung dem Landtag bis 30. Juni „ein Konzept zur Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen unter Vermeidung von Konnexitätsfolgen für das Land NRW“ vorlegen soll. Das heißt: Die Bürger sollen nicht mehr zahlen müssen, das Land soll es aber auch nicht. Wer dann? „ Sommer spricht von einer „gesetzlichen Selbstverpflichtung des Landes“.

Kommunen müssten in Erhalt
des Straßennetzes investieren

Die Kommunen wollten und müssten langfristig und dauerhaft in den Erhalt des Straßennetzes investieren. Dafür bräuchten sie „Planungssicherheit und die nötigen finanziellen Ressourcen“. Sprich: Das Land muss den Wegfall von Beiträgen kompensieren.

Wie lange der Fördertopf reicht, ist ohnehin umstritten. Die Koalition geht angesichts der abgerufenen Fördergelder davon aus, dass „entgegen der Annahme vieler die Anzahl von beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahmen in den nordrhein-westfälischen Kommunen nicht so hoch ist“. Die Argumentation stößt auch manchem Kommunalverantwortlichen sauer auf, weil ohne Schlussrechnung keine Fördegelder zu bekommen sind. Und weil die Pandemie so manche notwendige Einleitung von Straßenbaumaßnahmen unmöglich gemacht hat. Legt man das Kommunalpanel der Förderbank KfW zugrunde, beträgt der Sanierungsstau im NRW-Verkehrsbereich etwa acht Milliarden Euro.

Die Ratinger SPD-Landtagsabgeordnete Elisabeth Müller-Witt befürchtet ein Bürokratiemonster ohne Effekt. „Das bisherige Fördersystem soll schließlich einfach mit angepasster Förderquote fortgesetzt werden“, betonte die Politikerin. Unter enormem Verwaltungsaufwand seien Kommunen nach geltendem Gesetz weiter gezwungen, fällige Straßenausbaubeiträge zu ermitteln und zu erheben, um dann festzustellen, dass keine Zahlung notwendig sei. „Das zeigt, wie unausgereift die Ankündigung von Schwarz-Gelb ist“, so Müller-Witt.

Müller-Witt will sich weiter für die Abschaffung der Straßenbaubeiträge im Zuge einer gesetzlichen Regelung einsetzen. „Diese finanzielle Last bei der Sanierung von Straßen ist für viele Haushalte kaum oder gar nicht zu stemmen“, sagt sie. „Die anhaltende Kritik von Bürgerinitiativen zeigt, dass Schwarz-Gelb die Menschen weiter in Unsicherheit lässt. Wir stehen an der Seite der Betroffenen in NRW.“ Auch die Fraktion der Bürger Union hat sich für ein Ende der Beiträge ausgesprochen – und dies bereits seit längerer Zeit und sehr konsequent.