Der Bahnsteig wird zur Falle

WZ-Leser Albert Jakobs klagt über den Aufzug am Ostbahnhof: Er ist seit mehreren Wochen außer Betrieb.

Ratingen. Mühsam tastet sich die ältere Dame mit ihrem Stock Stufe für Stufe die Treppe hinunter, bis zwei Passanten Hilfe anbieten, sich unterhaken und die Seniorin sicher nach unten geleiten.

Dagegen schaut dort eine junge Mutter ratlos die 23 Treppenstufen nach oben: Wie soll sie ihren Kinderwagen hinauf bekommen? Zwei Männer zeigen sich als Kavaliere und packen an.

Hilfe beim Bewältigen der Treppe braucht auch eine Dame mit Rollator. Szenen, die sich tagtäglich am Ostbahnhof abspielen. Denn der Aufzug, der vom Bahnhofsvorplatz nach unten zum Bahnsteigzugang führt, ist seit Wochen defekt.

"Aufzug ist außer Betrieb. Ersatzteil muß besorgt werden!" teilt ein kleiner Zettel der Aufzugfirma Otis mit, der an der Scheibe des Liftes klebt. Und: "Sollten Sie Fragen oder Anregungen haben, sprechen Sie uns an - wir sind im Gebäude."

Doch im Bahnhofsgebäude ist niemand: Schulterzucken beim Imbiss, "der geht seit über einem Monat nicht mehr", weiß ein älterer Mann, der an einem Stehtisch Kaffee trinkt.

Auch WZ-Leser Albert Jakobs erlebt fast täglich, dass Kinderwagen getragen und gehbehinderte Menschen gestützt werden müssen: "Erst heute haben wir Leuten wieder rauf- und runtergeholfen.

Wird das Ersatzteil aus Indien importiert oder warum dauert das so lange?", fragt sich Jakobs.

Im städtischen Tiefbauamt ist der Schaden bekannt, man arbeite "unter Hochdruck an der Beseitigung", erklärte Dirk Winkelmann. Grund für die Stilllegung seien "massive Probleme mit Korrosion": Die Laufschienen der Aufzugstür seien weggerostet, erklärt Winkelmann.

Und zwar schon so stark, dass man die Tür ohne Mühe raustreten könnte. Die Tür würde dann in den Aufzugschacht fallen - ein erhebliches Sicherheitsrisiko.

Auch wenn die Aufzüge auf Bahngelände stehen, gehören sie doch der Stadt. Die hat einen Wartungsvertrag mit der Herstellerfirma Otis geschlossen - und jetzt "ein bisschen Theater" mit dem Unternehmen. Winkelmann: "Wir warten auf die Information, ob auch ein Betrieb mit einem geschweißten Provisorium möglich wäre."

Muss die komplette Tür erneuert werden? Ist die auf Lager? Kann man nur die Laufschiene erneuern? Fragen ohne Antworten. "Wir wollen, dass der Aufzug so schnell wie möglich wieder in Betrieb geht", sagt Winkelmann.

Bei der Firma Otis schiebt man den schwarzen Peter der Stadt zu: "Wir haben noch keine Beauftragung", teilte der Niederlassungsleiter mit. Es sei auch nicht klar ob ein normales Bauteil oder eines aus Edelstahl gebraucht wird. Letzteres wäre eine Maßanfertigung - und die würde dauern.

Wie lange Menschen mit Kinderwagen und Gehbehinderte am Ostbahnhof noch in die Falle tappen, ist ungewiss. "Wir machen Druck", versprach Dirk Winkelmann.

Bis dahin bleibt die Hoffnung auf hilfsbereite Mitmenschen oder das Ausweichen auf den funktionierenden Aufzug am Osteingang - mit einem großen Umweg von der Josef-Schappe-Straße über die Brücke und dann zurück zum Ostbahnhof. Für Gehbehinderte ist das eine unzumutbare Strecke.