Der tiefe Absturz eines erfolgreichen Piloten

Wegen fortgesetzten Betrugs hat das Landgericht einen 48-jährigen Mann aus Ratingen zu vier Jahren Haft verurteilt.

Foto: Wulf Kannegiesser

Ratingen/Düsseldorf. Sein früheres Leben ist lange her. Da war er als Flugkapitän den Umgang mit der Prominenz gewohnt. Wirtschaftsbosse, Politiker, sogar Alt-Kanzler Helmut Schmidt haben ihm damals ihr Leben anvertraut. Jetzt versteckt er sein Gesicht hinter einem Plastikordner vor den Kameras, versucht angestrengt, es auch vor den Blicken der Zuschauer im Gerichtssaal zu verbergen. Ein Betrüger ist er, das hat der 48-Jährige zugegeben, 15 Taten eingeräumt, die der Normalbürger kaum nachvollziehen kann.

Aber er war eben kein Normalbürger, sondern das Leben über den Wolken gewohnt. Ein angesehener Pilot, der mehrere Unternehmen im Luftfahrtgeschäft wagte, mehrere Unternehmen führte und sogar eine eigene Airline gründete. So einer schläft nicht bei Kumpels auf dem Sofa, wenn die Frau ihn nach der Pleite vor die Tür setzt.

2012 hat der Absturz begonnen. Da war seine Mini-Airline pleite gegangen. Die 100 000 Euro, die er zuvor noch hineingeschossen haben will, dürften seine letzten gewesen sein. Und waren futsch. Der Kapitän war arbeitslos, auf die Abfindung, die sein Partner zahlen wollte, wartete er vergebens. Auf die will er noch fest gerechnet haben, als er bald darauf eine Villa in Meerbusch für eine Million Euro kaufte, die er natürlich nicht bezahlen konnte. 2015 verurteilte das Amtsgericht ihn deshalb schon einmal als Betrüger zu zwei Jahren auf Bewährung.

Dass er kaum einen Monat danach den nächsten Makler mit einem Immobilienkauf beauftragte, obwohl er sich weder Haus noch Courtage leisten konnte, rechnete ihm das Landgericht strafschärfend an. Dass die Bewährung von damals demnächst aufgehoben wird und die zwei Jahre auf die jetzt verhängten vier aufgeschlagen werden, versteht sich von selbst.

Nicht nur dem Makler blieb er etwas schuldig. Die Hausverkäuferin, die auf knapp eine Million vergeblich wartete, musste für ihren Neubau eine Zwischenfinanzierung aufnehmen, machte beim späteren Verkauf Verlust. „Das hat ihr auch psychisch zugesetzt“, hielt die Vorsitzende Richterin ihm gestern vor.

Nach den geplatzten Geschäften hatte seine Frau den Kapitän a.D. vor die Tür gesetzt. Er zog in ein Hotel, in dem sein Name etwas galt. Die ganze Familie hatte dort schon gefeiert und die Wirtin nie damit gerechnet, dass er sie nach ein paar Wochen auf 900 Euro sitzenlassen würde. Da war er längst weitergezogen, die offenen Rechnungen, die er danach in unterschiedlichen Nobelherbergen hinterließ, waren noch höher.

Er trat so überzeugend, so bestimmend und selbstsicher auf wie eh und je. Keiner seiner Geschäftspartner zweifelte an seiner Zahlungsfähigkeit, und jede Verzögerung erklärte er bereitwillig und offen — mit falschen Belegen über ein Millionen-Vermögen bei einer britischen Bank. Für die nächste Wohnung — sie gehörte einem Düsseldorfer Theaterchef — bekam er sogar die Schlüssel, ohne einen Cent bezahlt zu haben. Er gab Umbauten in Auftrag, bestellte Möbel und eine Küche für 80 000 Euro, orderte einen BMW. Nach einem Monat zog er weiter ins nächste Hotel. Er hatte kein Vermögen. Er hatte Schulden von einer knappen Million Euro.

Sein Geständnis und sein Bedauern hat das Gericht als Pluspunkt gewertet, weil das so üblich ist. Zweifel aber hat die Kammer doch, dass der angeblich reuige Betrüger womöglich eine Flucht plant: Noch nach seiner Festnahme hatte er vorigen November einen Job in Dubai angenommen. Den hätte er dieser Tage antreten sollen.

Stattdessen wurde nun sein Haftbefehl erneuert. Und irgendwann muss er auch noch den angerichteten Schaden (rund 160 000 Euro) bezahlen.