Die Stadtmauer bröckelt

Schäden an vielen Stellen — das Wahrzeichen der Stadt ist in Gefahr und droht zu zerfallen.

Ratingen. Sie gibt der Stadt ein unverwechselbares Gesicht und gehört für viele Ratinger zum Stadtbild wie die alten Wehrtürme: die Stadtmauer. Doch das Wahrzeichen ist in Gefahr.

Die mittelalterliche Stadtbefestigung bröckelt und weist an vielen Stellen Schäden auf. Die CDU-Fraktion befürchtet, dass die Schäden langfristig zum Zerfall führen könnten und hat deshalb für den Bezirksausschuss Mitte beantragt, die Schäden aufzunehmen, zu beurteilen und ein Erhaltungsprogramm zur Instandhaltung zu erstellen.

Dem Antrag beigefügt hat der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gerold Fahr eine umfangreiche Fotodokumentation mit „auch für einen Laien erkennbaren“ Schadensbildern.

Die CDU-Fraktion sehe die vorhandenen Teile der mittelalterlichen Stadtbefestigung als „unverzichtbaren Identitätskern der Altstadt an und möchte diesen für viele weitere Generationen erhalten“, begründete Fahr.

Im Hochbauamt ist das CDU-Schreiben gestern eingegangen. Zu Details könne noch nichts gesagt werden, es sei aber „keine Gefahr in Verzug“, teilte Stadtsprecherin Ulrike Elschenbroich nach Rücksprache mit. Das Amt werde sich „zeitnah“ um die angeführten Schäden kümmern, sagte sie

An vielen Stellen ist die historische Stadtmauer übrigens gar nicht historisch, sondern einfach nachgebaut. Vor allem die Bereiche am Rathaus und zwischen Dickem Turm und Obertor sind in den 1970er-Jahren im Zuge der Altstadtsanierung wieder aufgemauert worden.

„Beim Abriss des alten Krankenhauses und der Anlage des Arkadenhofes hat man die Fundamente der alten Stadtmauer gefunden und die dann wieder aufgebaut“, sagt Stadtarchivar Joachim Schulz-Hönerlage.

Der Verlauf der Stadtbefestigung entspreche aber noch durchaus dem Original. Historische Reste seien auch noch im Bereich der Wehrtürme vorhanden. So gebe es rechts und links des Dicken Turmes sowie rechts vom Trinsenturm noch Mauerreste aus dem 15. Jahrhundert.

Laut Hönerlage war es übrigens die Stadt selbst, die vor fast 200 Jahren die Befestigung weitgehend hat abreißen lassen. Das gehe eindeutig aus den damaligen Magistratsprotokollen hervor.

„Die Mauer und die Wehrtürme hatten militärisch ihren Sinn verloren und wurden abschnittsweise zum Verkauf, also zum Abbruch ausgeschrieben: Die Stadt bekam das Geld, der Käufer die Steine.“ Wo diese Steine dann überall verbaut wurden, lasse sich heute leider nicht mehr rekonstruieren.

Die letzten Reste der originalen Stadtmauer verschwanden vor knapp 100 Jahren aus dem Stadtbild, als die Häuser an der Wallstraße errichtet wurden: halb auf der Mauer, halb im Stadtgraben — was für die heutige Schieflage sorgt.