Feuerwehr spielt ein Horrorszenario durch
Kellerbrand in einem Hochhaus in West: Nur die Bewohner wussten vorab Bescheid.
Ratingen. Qualm dringt aus den Kellerfenstern und kriecht über den Boden. Aufgeregt stehen die Menschen auf dem Hof und deuten nach oben, wo mehrere Personen auf den Balkonen stehen und verzweifelt um Hilfe rufen — der Rauch hat ihnen den Fluchtweg durchs Treppenhaus abgeschnitten. Ein Kellerbrand in einem Hochhaus — das Horrorszenario für die Feuerwehr, wie Jan Neumann, Pressesprecher der Feuerwehr, erklärt: „Ein Hochhausbrand bedeutet erhöhte Alarmstufe für uns. Erstens, weil dort viele Menschen auf einmal in Gefahr sind; und zweitens, weil mit einem großen Materialeinsatz gerechnet werden muss.“
Diesmal ist der Brand zum Glück nicht echt. Die Feuerwehr veranstaltet eine sogenannte „geheime Übung“: Die alarmierten Rettungskräfte wissen nicht Bescheid, erfahren erst vor Ort, dass es nicht so tragisch ist, wie es klingt. So soll ein möglichst realistischer Ablauf erreicht werden.
Vom Zeitpunkt der Alarmierung dauert es knappe elf Minuten, bis die Einsatzwagen mit Blaulicht in die Straße einbiegen. Während ein Teil der Feuerwehrmänner mit Atemgeräten in den Keller geht, wird gleichzeitig der Leiterwagen für die Bergung der Menschen auf den Balkonen positioniert. Jan Neumann: „Wenn der Wagen einmal steht, dann steht er. Es ist also absolut wichtig, gleich den richtigen Standpunkt auszusuchen, von dem aus alle Menschen auch erreicht werden können.“ Ein „Umparken“ würde viel zu viel Zeit kosten in einer Situation, in der jede Sekunde zählt.
Bis zu 30 Meter hoch reicht die Leiter, bautechnisch vorgeschrieben ist, dass sie den neunten Stock erreichen muss. Was ist, wenn man höher wohnt? Jan Neumann erklärt: „In solchen Fällen sind zusätzliche Sicherungsmaßnahmen vorgeschrieben, wie ein zweiter Fluchtweg oder ein Balkon im Treppenhaus. Es muss gewährleistet sein, dass man die Leute dann irgendwie über das Treppenhaus rausholen kann.“
Inzwischen ist die Leiter ausgefahren und ein Feuerwehrmann hilft den Menschen über die Balkonbrüstung. Mit festem Griff bugsiert er sie in den Rettungskorb. Unten angekommen, werden die Geretteten von einem Notarzt untersucht und bekommen eine Markierung, die den Grad ihrer Verletzung angibt - schwere Fälle müssen vorrangig versorgt werden.
Und in dem Moment wird aus der Übung bitterer Ernst: Es piept, der Notarzt bekommt einen echten Einsatz. Blitzschnell fliegt der Dummy von der Bahre auf die Erde, werden die Sachen zusammengepackt und weg ist er. Denn jetzt zählt wieder jede Sekunde — und diesmal ist es keine Übung. ksch