Kinder werden zu Rittern
In einer besonderen Stadtführung vermitteln Alexandra Töpfer und Elke Rieger jungen Ratingern das Mittelalter.
Ratingen. Mit seinem Hemd in Brustpanzeroptik, Helm und Schild schaut Tom fesch aus. „Ich bin ein großer Ritter-Fan“, sagt der Siebenjährige. Beste Voraussetzungen für die von Alexandra Töpfer und Elke Rieger geführte Stadttour. Die ist nämlich einerseits auf mittelalterliche Stationen in der Innenstadt fixiert und andererseits speziell für Kinder konzipiert.
Und zum Konzept gehören auch passende Outfits. Die Idee dazu ist nicht taufrisch. „Ähnliche Führungen gab es vor ein paar Jahren schon einmal“, weiß Elke Rieger. Dann aber gingen dem organisierenden Kulturamt das Geld und die passenden Mitarbeitern aus.
„Und nun haben wir das Konzept wiederbelebt.“ Sehr zur Freude von Tom, David, Shelma und Till. „Das ist echt cool“, sagen sie unisono. Insgesamt spitzten ein Duzend Mädchen und Jungen aus der Kindergruppe des Cafés „Lichtblick“ in Ratingen-West bei der vergangenen Führung die Ohren und staunen, was für Geheimnisse es in der Stadt zu entdecken gibt.
„Das ist voll spannend“, sagt Shelma (9). Kurzerhand wird sie mit einem Schleier aus der Klamottenkiste von Elke Rieger in Irmgard von Berg verwandelt und aus David wird mit einer entsprechenden Kappe Heinrich von Limburg. „Ja, so war das im Mittelalter. Da wurde nicht lange gefragt. Da wurde man mal eben verheiratet“, sagt die Pädagogin.
Bei ihrem Rundgang geht es nicht allein um historisch markante Plätze wie den Brunnen am Markt, Stadttor oder den Verkes-Hirden-Turm. „Wir versuchen die Kinder mit einzubeziehen.“ Und so gibt es auf dem Weg einiges zu erleben.
Weil es kein Verlies des Kerkermeisters gibt, müssen die Schauer auslösenden Geschichten von Gaunern, Mördern und Dirnen, denen in den kalten Gemäuern Daumenschrauben angelegt wurden oder die auf Streckleitern gedehnt wurden, anders erlebbar gemacht werden. „Am Pranger zu stehen, war ganz schlimm“, erklärt Alexandra Töpfer.
„Standen Sie da schon mal“, will Ahmed (9) wissen und tut sich später ganz besonders beim virtuellen Feuerlöschen hervor. Denn früher hat es nicht nur Ritter im unpraktischen Heavy-Metal-Outfit, die zwanghaft Königstöchter befreiten, gegeben. Früher gab es Holzhäuser „und die brannten wie Zunder, wenn der Feind sie mit einem Feuerpfeil traf“, sagt Elke Rieger, als die Gruppe am rekonstruierten Schachtbrunnen ankommt. Passierte so etwas, läutete die entsprechende Glocke und alle Bürger mussten ihren ledernen Eimer nehmen und beim Löschen helfen.
Die „Lichtblick“-Kinder stellen das Geschehen mit einer rasch gebildeten Kette nach. „Das ist anstrengend“, kommentiert Ahmed nach nur einem weitergereichten Wassereimer. Vorbei am Obertor und dem Dumeklemmerbrunnen geht die etwa eineinhalbstündige Tour durch die Innenstadt. Minnesang und Morgenstern erleben beim Nachwuchs einen neuen Frühling. „Ich finde das Mittelalter richtig toll“, fasst Tom seine Eindrücke zusammen. Zu Karneval übrigens will er aber trotzdem lieber als Cowboy gehen.