Kollwitz-Schüler lernen im Ratinger Kino

Siebtklässler sorgen dafür, dass „Inklusion“ an ihrer Schule kein leeres Schlagwort ist.

Foto: Achim Blazy

Ratingen. Kurz vor den Ferien ging es für acht Klassen der Käthe-Kollwitz-Realschule zu einer Sondervorstellung ins Kino. Zum Lernen. Zusammen mit ihren Lehrern und Integrationshelfern schauten sich die Fünft- bis Siebtklässler den Film „Wunder“ nach einer Romanvorlage von Raquel J. Palacio an. Es ging um die Geschichte des zehnjährigen August, dessen Gesicht stark entstellt ist. Wegen eines Gendefektes musste er sich zahlreichen Operationen unterziehen und hatte bisher nie eine normale Schule besucht. Doch jetzt soll er in die fünfte Klasse gehen. Im Film wird erzählt, wie der trotz seiner Behinderung aufgeweckte Junge sein Leben meistert und mit den schmerzlichen Erfahrungen des Alltags, vor allem in der Schule, umgeht.

„Für einige Schüler war der Film das vertiefende Erlebnis zu einer gelesenen Schullektüre, aber auch ohne literarische Vorbereitung konnte der Film von jedem Kind gut verarbeitet werden, da er die bekannten Urerfahrungen von ,Abgelehnt und Angenommen werden’ auf eine sehr authentische und faszinierende Weise widerspiegelt“, sagt Sonderpädagogin Barbara Mulders. Zusammen mit Integrationshelfern unterstützt sie an der Käthe-Kollwitz-Realschule (KKS) die Lehrer. Dort werden schon seit vielen Jahren behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet.

„Wir haben eine inklusive Schule. Es gibt viele Schüler, die eine Behinderung haben, eine Körper-, Sprach- oder Hörbehinderung, oder eine, die man gar nicht sieht, wie bei autistischen Kindern. Da ist es völlig egal, welche Besonderheit man hat. Denn eigentlich ist jeder anders als der andere, jeder hat seine Stärken und Schwächen. Hier lacht so leicht keiner über den anderen“, findet Schülerin Katharina. Die Geschichte um August hat ihr gut gefallen.

„Die Hauptfigur hat nämlich gezeigt, wie jeder auch durchhalten muss, bis er echte Freunde findet. Genau so wie Sebastian und ich. Wir sind ebenfalls Inklusionsschüler“, meinte die Siebtklässlerin. Ihre Deutschlehrerin Sabine Overfeld initiierte in Zusammenarbeit mit Gabriele Rosslenbroich vom Ratinger Kino zur Freude aller Beteiligten den Besuch im Lichtspielhaus, nachdem ihre Schüler den Roman gelesen hatten und ein Lesetagebuch dazu schreiben sollten. „Unser Alltag ist das gemeinsame Lernen mit Kindern und Jugendlichen, die unterschiedliche Formen des Andersseins aufweisen. Der Film ,Wunder’ ist ein beeindruckender Beitrag zur Begegnung in Augenhöhe mit dem Anderen“, sagt sie.

Die Geschichte von August wird so überzeugend und realistisch geschildert, genau so könnte sie jederzeit irgendwo geschehen. Sie passt gut in eine Zeit, in der Inklusion in vielen Schulen ein Thema ist.

Und so sind die Lehrer an der KKS auch froh, dass es der Etat der Stadt Ratingen ermöglicht, weitere inklusive Lektüren anzuschaffen, die das Schulleben bereichern. Damit die Motivation, voneinander lernen zu können, weiterhin wachsen kann. „Ihren besonderen Beitrag dazu zeigen dabei gerade diejenigen Schüler, die trotz ihrer sichtbaren Angewiesenheit jeden Tag neu Einsatzbereitschaft, sowie Lebens- und Lernfreude unter Beweis stellen — wie eben der Held im Film ,Wunder’“, so Mulders.