Künstler machen West richtig bunt

Margret Kurte kommt aus dem Stadtteil. Sie schafft ganz neue Ansichten von ihrem Viertel und hat immer wieder kreative Ideen.

Foto: Achim Blazy

Ratingen. Die Hochhausfassade war grau, ist grau und bleibt grau. Aber nicht für Margret Kurte. Die macht sich ihr ganz eigenes Bild von Ratingen West. Darauf leuchtet das Hochhaus in allen Farben des Regenbogens und eine goldgelbe Sonne strahlt von links oben warm und recht freundlich herab. Sagen Sie mal, Frau Kurte, sind Sie naiv? Da schaut die 75-Jährige dem Fragensteller geradewegs ins Gesicht: „Wissen Sie, über Ratingen West wird so viel Schlechtes gesprochen, was alles nicht stimmt! Da wollte ich mit dem Bild einfach mal zeigen, wie es wirklich ist.“

Gemeinsam mit ihrer Familie wohnt die Künstlerin seit fast 40 Jahren in West. Erst lebten sie in einem dieser grauen Klötze. Dieselstraße 7, zehnter Stock. Viele Nationen waren unter einem Dach vereint und kamen insgesamt miteinander klar. „Dort wären wir nicht ausgezogen, wenn nicht der Wohnungseigentümer Eigenbedarf angemeldet hätte“, erzählt der Ehemann von Margret Kurte. Beide haben den internationalen Schmelztiegel Ratingen-West immer als eine Bereicherung betrachtet. „Man kann so viel voneinander lernen — und an andere weitergeben“, sagt Margret Kurte. Als sie sich von ihrem Job in der Käthe-Kollwitz-Realschule in den Ruhestand verabschiedete, sagten Kinder in zwölf Sprachen „Auf Wiedersehen“, „Wo gibt es das schon?“. Vor einem Miteinander der Kulturen müsse niemand Angst haben.

Diese bunte Vielfalt von Ratingen West ist eingegangen in die Kunst von Margret Kurte. Lange Jahre hatte sie sich der Seidenmalerei verschrieben; gestaltete im Unterschied zu anderen aber nicht nur Tücher, sondern nähte auf Wunsch Unikate kompletter Kleidung zusammen.

Der Kundinnenkreis wuchs und wuchs — bis die Hände das Aufspannen der Seide verweigerten. Da hat sich Margret Kurte von der Seide verabschiedet. Und schon bald angefangen, mit Acrylfarben zu arbeiten. „Ich brauche leuchtende Farben in meinen Bildern.“ Motive aus Afrika und den USA kamen zu den bunten Hochhäusern hinzu. Zwischen sieben und zehn Bildern pro Jahr entstehen nach den Skizzen, die sie von ihren Spaziergängen, Urlauben und Ausflügen mitbringt. Es gibt schließlich auch noch andere Hobbys: Sie joggt, schwimmt, radelt.

Hat da irgendjemand behauptet, im Alter würde alles weniger? Auf Margret Kurte zumindest trifft das nicht zu. „Ich genieße es, völlig Herrin meiner Zeit zu sein und nur noch das zu tun, auf das ich gerade Lust habe.“

Die Reisen gehören ebenso dazu wie das Engagement für die Westkünstler. Dahinter stehen insgesamt vier Künstlerinnen, die sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam ausstellen. „Leider haben wir derzeit keine Gelegenheit in Ratingen dazu“, bedauert Malerin Margret Kurte.

Einige Male zeigten die Westkünstler ihre neuesten Werke im Trinsenturm — doch dann zog dort das Spielzeugmuseum ein. So sind die Westkünstler seit einigen Jahren auf das Bürgerhaus von Angermund gebucht und zeigen dort ihre Werke. Dort passen Räume und Rahmenbedingungen perfekt. „Wenn wir so etwas in Ratingen finden würden, wären wir sehr froh“, bekräftigt Margret Kurte den gemeinsamen Wunsch.