Mitmach-Zirkus macht Kinder zu Artisten
Die integrative Ferienfreizeit endet am kommenden Samstag mit einer Gala-Vorstellung.
Ratingen. Bereits zwei Mal hing sie als Trapezkünstlerin in luftiger Höhe, schwebte elfengleich übers Drahtseil und versuchte sich ein Mal als Bodenakrobatin. „Aber richtig können tu’ ich nichts“, lacht Alina Kunde. Muss sie auch nicht, schließlich ist sie nur die Oberaufsicht des städtischen Mitmach-Zirkus’. „Die Hauptpersonen sind die Kinder.“
ChristophMönch, städtischer Betreuer
Mehr als 100 nehmen bei der diesjährigen Ausgabe des integrativen Zirkusprojekts teil. Wie immer ist dazu auf dem Schützengelände an der Sohlstättenstraße ein buntes Zelt aufgestellt worden. „Diesmal sind wir ein bisschen abgesoffen“, sagt Christoph Mönch, sonst Clown Tifftoff und bei der Aktion einer der Betreuer, über die wetterbedingten Wasserlachen am Boden. Den Übungsdrang der Teilnehmer kann die Nässe nicht stoppen. „Am ersten Tag stellten sich die neun Gruppen vor“, sagt Alina Kunde. Thematisch geht es im von Manuela Maatz geleiteten Zirkus, „wir sind seit 12 Jahren ausschließlich Mitmach-Zirkus für Kinder“, um die Arbeit auf dem Drahtseil, als Clown, Jongleur, Bodenakrobat, Glasakrobat oder akrobatischer Schlumpf, am Trapez, als Hula-Hoop-Künstler oder als Tauben-Dompteur. „Ich wollte eigentlich was mit den Tieren machen. Aber die Gruppe war schon voll“, ist Lea (10) aber gar nicht unglücklich. Denn nun übt sie mit Kindern wie Josefine (9) und Leonie (8) lebendige Pyramiden zu bauen, filigran über Schaukeln zu rutschen oder durch Reifen zu springen. Alle drei sind zum zweiten Mal dabei. Denn im vergangenen Jahr war es „ganz toll“. Offensichtlich mit Spaß bei der Sache sind nur eine Trainingseinheit weiter Annika (10), Pia (11), Lilly (9), Pia (8), Pauline (9), Annika (9), Karla (9), Kaja (12) und Finja (9). Jeweils drei von ihnen turnen am Trapez und klettern auf Kommando von Trainer Meikel (25) weiter sachte schwingend auf die Schultern ihrer Nachbarin, so dass am Ende zwei „Dreiertürme mit Schwunggirlande“ entstehen. „Nö“, wird einstimmig die Frage nach Höhenangst verneint. „Das ist cool.“
„Wir gucken natürlich vorher, wie die körperlichen Fähigkeiten sind“, sagen Alina Kunde, Manuela Maatz, Christoph Mönch, die weiteren städtischen Betreuer sowie Zirkusleute. Vor allem für die Inklusionskinder gilt das. Diesmal sind ein Kind mit 1:1-Betreuung und vier weitere mit besonderem Betreuungsbedarf dabei. „Sie machen mit, so weit und gut sie können.“
Und das Zusammensein mit diesen Inklusionskindern ist für die anderen ein „guter Lerneffekt, sie lernen den normalen Umgang mit jemandem, der nicht so ist wie sie selbst“, sagt Christoph Mönch. Darüber hinaus geht es bei der Arbeit Richtung Gala-Auftritt am Samstag natürlich nicht bloß darum, eine gute Figur zu machen. „Wir versuchen zu vermitteln, dass sich innerhalb kurzer Zeit viel lernen lässt.“ Beispielsweise Selbstbewusstsein und ein neues Körpergefühl. Erschreckend sei es, sind sich alle einig, wie unsportlich der Nachwuchs zuweilen ist. „Für manche ist es eine neue, dann aber auch bereichernde Erfahrung, sich mal richtig zu recken und zu strecken“, bilanziert Manuela Maatz.
Seit Montag und noch bis Freitag beginnt der Tag morgens um 10 Uhr mit verschiedenen Trainingseinheiten und dauert, unterbrochen vom gemeinsamen Mittagessen, bis 16 Uhr. Schließlich soll, wenn es heißt „Manege frei!“, nicht nur der „Akrobat schööön“ Applaus bekommen. Auch die anderen Übungen - das Showprogramm der mehr als 100 Kinder in neun Gruppen dauert etwa drei Stunden — sollen so fehlerfrei wie möglich über die Bühne gehen. Vor versammeltem Publikum raus ins Scheinwerferlicht zu treten, braucht Mut gegen das Lampenfieber. „Das ist eben die Kunst: alle mit ihren Fähigkeiten mitzunehmen“, sagen die Betreuer.