Neue Glocke hängt in St. Peter und Paul
Es war eine spektakuläre Aktion mitten in der Stadt: Die Brauchtumsglocke wurde gestern Morgen per Kran in den Turm gehoben.
Ratingen. Alles hängt an Dachdeckermeister Sven Pallessen — und dies im wahrsten Wortsinn. Denn sein Geschick und seine Fachkenntnis entscheiden darüber, ob die neue Brauchtumsglocke sicher in den Turm von St. Peter und Paul gelangt. Pallessen steuert konzentriert den Kran. Die 333 Kilogramm schwere Glocke wird nun zügig nach oben gehievt. Um 9.34 Uhr ist sie im Turm verschwunden, also „fott“, wie Pallessen sichtlich zufrieden und auch ein bisschen stolz anmerkt. Ein toller Moment für die großen und kleinen Bürger, die das Spektakel vor der Kirche bestaunen.
Noch am Vorabend hat Pallessen ein Ablauf-Protokoll ans Organisatoren-Team geschickt und stichwortartig aufgelistet, wie die Aktion ablaufen sollte: Kran aufstellen, Taubenschutz öffnen, Glocke aus der Kirche holen, vor den Kran positionieren — nur einige Schritte auf dem Weg zum Ziel.
Als die Aktion startet, sind Anspannung und Freude spürbar. Pastor Daniel Schilling findet: „Das ist schon eine spektakuläre Aktion für unsere Kirche.“ Der Kreisdechant macht Bilder, er will besondere Szenen festhalten. Kurz vor dem Abheben wird die Glocke, die „Heiliger Bimbam“ heißt, noch einmal mit Weihwasser versehen. „Auf ein ewiges Geläut“ — nach diesen letzten feierlichen Worten wird die Glocke, die einen sehr schönen Klang hat, nach oben transportiert.
Gero Keusen, Chef der St. Sebastiani-Bruderschaft
Vertreter des Winter- und Sommerbrauchtums sind gekommen, um sich dieses seltene Ereignis anzusehen, so auch Peter Hense und Michael Schleicher vom Karnevalsausschuss. Schleicher freut sich, dass auch der Nachwuchs diese Aktion erleben kann. „Es ist aber schade, dass nur so wenige Kinder gekommen sind“, betont er und blickt auf die Kleinen, die fasziniert nach oben schauen und den Weg der Glocke in den Turm verfolgen.
„Es war unser Plan, dass die Glocke an den Ostertagen läuten wird“, erklärt Gero Keusen, Chef der St. Sebastiani-Bruderschaft, „man muss dem gesamten Organisatoren-Team ein dickes Lob zollen, alle haben sich unheimlich engagiert.“ Pallessen zieht zufrieden Bilanz: „Wir waren sehr gut im Zeitplan“, urteilt er. Und zur Erinnerung an diesen besonderen Tag lässt er noch ein Foto machen, das ihn zusammen mit seinem Vater zeigt. Es sind einzigartige Momente. „Schön, dass wir das erleben konnten und durften“, sagt Achim Pohlmann von den Ratinger Jonges.
Die Brauchtumsglocke hat zwei Inschriften: „Helau“ auf der einen Seite, „Glaube + Heimat + Sitte“ auf der anderen. Oben ist die Baunummer angebracht: Mit Stimmgabel und feinem Gehör ausgerüstet, hat ein Sachverständiger des Erzbistums Köln den „Heiligen Bimbam“ schon vor Wochen bei einem Test angeschlagen und war zufrieden.
Die kleine Schwester der drei Turmglocken müsse sich schließlich gegen die größeren Geschwister „durchsetzen“, sagt Ellen Hüesker von der Glockengießerei Petit & Gebr. Edelbrock. Sie sei eben das „Krönlein“ und „Sahnehäubchen“ im Turm. Der „Nachhall“, also vom Anschlagen bis zur Stille, sei „ganz manierlich“. Die Berechnung der „Rippe“, das Maß aller Dinge bei Erstellung der Lehmform, hat gestimmt. Auch eine Waage wurde bemüht: Das „Krönlein“ wiegt — wie bereits erwähnt — exakt 333 Kilogramm. Auf diese Schnapszahl habe man aber nicht gezielt hingearbeitet, betont Hüesker.
Gegossen wurde die Glocke nach dem Lehmformverfahren. Zu Beginn steht die sogenannte „Rippe“: Der Glockengießer errechnet nach Ton, Durchmesser und Gewicht die Rippe, das Profil der Glocke. Nun, viele Monate später, steht das Projekt vor dem Abschluss: Nach Montage der Glocke im Turm wird alles überprüft — auch der Klang.