Protestbewegung ist Teil des Osterfestes
Reinhard Simon, Jahrgang 1950, erinnert sich an Parka und Peace-Zeichen seiner Jugend.
Ratingen. Ostern ist ein christliches Fest, aber auch das Datum der Märsche für den Frieden, die bis heute stattfinden. Ein sehr besonderes Oster-Tier wurde — nach dem Zweiten Weltkrieg — die Taube. Für den Weltfriedenskongress 1949 in Paris wurde von Pablo Picasso die Silhouette einer Taube entworfen und lithographiert. Und als seine Tochter am Abend des Kongresses, am Tag nach Ostern, zur Welt kam, nannte er sie Paloma (spanisch für Taube).
Im Jahr 1955 erhielt er für seine Lithographie den Weltfriedenspreis. Seitdem ist die Taube ein weltweites Symbol für Frieden und die Friedensbewegung. Sie inspirierte Autoren für Kinderlieder ebenso wie Grafiker und Künstler, die dieses Symbol für ihre Arbeiten verwendeten. Das bekannte Friedenslogo, die weiße Taube auf blauem Grund als Symbol der Friedensbewegung, wurde von dem finnischen Grafiker Mika Launis anhand eines 1974 gefertigten Fotos einer Taube des finnischen Zauberers Pekka Kärkkäinen entworfen.
Bereits bei den ersten Osteraktionen in den 50er Jahren waren an den Märschen neben Pazifisten Rüstungsgegner aus der Arbeiterbewegung und religiös motivierte Einzelne beteiligt. Auch durch die Kooperation verschiedener Strömungen und die lebhaften internen Diskussionen gelangte man zu immer konkreteren, politischen Forderungen (zum Beispiel nach atomwaffenfreien Zonen). Dadurch wurden Ostermärsche zu einer außerparlamentarischen Sammlungsbewegung, deren jährliche Teilnehmerzahl bis 1968 auf 300 000 stieg.
Die Kampagne änderte ihren Namen von „Kampagne für Abrüstung“ (1963) zu „Kampagne für Demokratie und Abrüstung“ (1968). Typisch waren die Friedenslieder. Wenn man heute die „üblichen Verdächtigen“ in Ratingen befragt — die fast professionell Aufmüpfigen aus den hohen Zeiten der Ostermärsche, stochert man ziemlich im Nebel. Grüne, Linke oder Krawall-Christen waren auch damals zu Ostern nicht unbedingt für den Frieden unterwegs oder sind jetzt gerade unerreichbar mit dem Wohnmobil im Urlaub. Manche demonstrierten in Brokdorf.
Aber da ist Reinhard Simon, 1950 in Düsseldorf geboren und damals in seiner Lehre als Schriftsetzer, auf dem Kopf einen Fassonschnitt, im Herzen den Traum vom Parka. Das war eigentlich ein Eskimomantel oder einer für Soldaten — dennoch trug man ihn auch bei Demos gegen den Krieg. Die Eltern lehnten die Kluft der Protestler ab, der Sohn beschaffte sich die Jacke vom eigenen Geld und das heimlich und malte mit Filzstift ein Peace-Zeichen auf. So konnte man auch unbeschadet an politischen Diskussionen am Wegesrand teilnehmen.
Immerhin haben das Kleidungsstück und die damit verbundene Denke dazu geführt, dass Simon sich bis heute ein kritisches Gemüt bewahrt hat und immer da, wo es ungerecht zugeht, doch zumindest verbal dazwischen haut. In seiner Parka-Jugend war die Protestbewegung immerhin so stark, dass er den „Kriegsdienst“ verweigerte, Ersatzdienst im Krankenhaus machte, schon damals stets zu Diskussionen bereit war. „Es war die allgemeine Stimmung, die uns beeinflusst hat“, meint er heute, und: „Ich bin wahrscheinlich bei keinem Sternmarsch dabei gewesen. In Gedanken aber immer.“