Buchhandlung Peter und Paula Viele Bücher und der neueste Tratsch

Ratingen · Alles begann auf 50 Quadratmetern in der Kirchgasse. Inzwischen hat die Buchhandlung ihr Domizil in der Grütstraße. Geblieben ist die Funktion als Treffpunkt. Immer noch kommen Ratinger und Zugereiste zusammen, um zu quatschen.

Ein Familienunternehmen: Lotta Schultz (l.) mit ihren Eltern Bernd Schultz und Anne Gansen.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Es war die Zeit, als wir jung, frei und wild waren, mit langem Haar und ohne Bausparvertrag. Bernd Schultz studierte damals so etwas Schönes wie Theologie und Charlotte Schultz war nicht einmal angedacht. Es waren die frühen 80er Jahre. Da geschah es, dass ein Vorhaben Wirklichkeit wurde, das einen Laden und einen Treffpunkt in die Ratinger Wirklichkeit platzierte. Finanziert wurde das Vorhaben, von Achim Deprez, Inhaber des technischen Dienstleisters D-Krantechnik.

Im März 1984 wurde es von ihm, vom Studenten Bernhard Schultz und von Dirk Brixius, alle drei damals Ratsmitglieder der ersten Grünen Ratsfraktion, in die Gänge gebracht. Ein etwas holpriger Beginn, denn die beiden letzteren verließen das Projekt schon 1984 wieder. Immerhin hatten sie ein erstes Bücherregal – Urmodell vieler weiterer, nicht zueinander passender Nachfolger, in die Räumlichkeiten an der Kirchgasse geräumt. Außerdem war der Laden der Treffpunkt der örtlichen Kriegsdienstverweigerer und hatte bereits den Namen „Peter und Paula“. Als rückwärtiges Lokal des damaligen Fischgeschäfts „Nordsee“ war kurzfristig auch mal der Name „Südsee“ im Gespräch. Christentum und Nachbarschaft zur Pfarrkirche siegten. Schon im Sommer 1984 stieß Anne Gansen, Germanistikstudentin, zum Buch-Café Team.

Anne Gansen wiederum scharte auch Frauenpower um sich: Marion Vierling, Jochen Nies und Lisa Lepper (der von ihr entworfene Brunnen steht heute vor dem Buch-Café) machten mit. Die Zuständigkeiten änderten sich – seit 1994 schließlich ist Anne Gansen alleinige Inhaberin des Buch-Cafés.

Im Jahr 2006 erfolgte der
Umzug zur Grütstraße

Lotta Schultzens Geburt im Jahr 1992 zog dann schließlich später die Eheschließung ihrer Eltern nach sich. Bernhard Schultz mutierte zum staatlich geprüften Betriebswirt, was ihm auch Kenntnisse für seine spätere Tatigkeit als „Tragödchen-Direktor“ und Veranstaltungsmanager bescherte. Für die Kleinkunst- und Konzertreihe „Ratinger Tragödchen“, die seit nunmehr 16 Jahren wöchentlich im Buch-Café (meist donnerstags) ab 20 Uhr stattfindet.

Im Jahr 2006 verließ das Buch-Café die 50 Quadratmeter auf der Kirchgasse und siedelte über zur Grütstraßé 3 – 7. Die Buchhandlung ist ein Vollsortimenter, die lieferbaren Bücher können bis 18.30 Uhr bestellt werden und liegen am nächsten Tag um 9 Uhr schon in der Buchhandlung bereit. Außerdem ist der Familienbetrieb Experte im Besorgen von Schulbüchern. Im Zuge von europaweiten Ausschreibungen wurden in den vergangenen Jahren neben Ratinger Schulen solche in den Städten Essen, Bielefeld, Wuppertal, Hamburg, München, Hattingen, Velbert, Duisburg, Wesel und Tönisvorst beliefert.

Die Idee mit dem Treffpunkt, die die Peter und Paula-Erfinder im letzten Jahrhundert in die Selbstständigkeit getrieben haben, ist indes nicht gestorben. Immer noch kommen Ratinger und Zugereiste zusammen, um sich auf einer Art Verlobungssofa unter dem Fenster zum Gässchen nebenan und auf mehr oder weniger haltbaren Sitzgelegenheiten niederzulassen und zu quatschen. Von Kriegsdienstverweigerung ist da selten die Rede. Und der ehedem leistungsfähige Ofen taugt inzwischen hauptsächlich zur CD-Garage.

Man mag es kaum glauben – aber vieles hat seine Ordnung: Anne Gansen, die große, ruhige und freundliche Frau, umfängt ruhig und verständnisvoll auch hektische Kunden. Bernd Schultz weiß lächelnd die neuesten Ratinger Dönekes, telefoniert oder sucht etwas. Die meisten waagerechten Flächen sind grundsätzlich mit Schriftgut belegt. Und Tochter Lotta, einzige ausgebildete Buchhändlerin im Familienunternehmen, ist das, was ihr Vater stets von ihr im Zusammenhang mit den Tragödchen-Aktivitäten so nett sagt: die ehemalige Zukunfts-Direktorin.

Alle, auch die Kunden, warten bereits jetzt schon auf Frühsommer und Sommer, wenn man wieder vor dem Buchladen auf selbst gezimmerten Bänken sitzen, Kaffee trinken und tratschen kann.