Berufe zum Anfassen Einfach mal machen

Ratingen · Macht Baggerfahren eigentlich Spaß? Wir knifflig ist es, eine Platine zu löten oder bei einem fremden Menschen Blutdruck zu messen? All das konnten junge Ratinger jetzt ausprobieren.

 „Berufe zum Anfassen“ war das Motto in der Stadthalle Ratingen. Schüler konnten verschiedene Berufsfelder einfach ausprobieren.

„Berufe zum Anfassen“ war das Motto in der Stadthalle Ratingen. Schüler konnten verschiedene Berufsfelder einfach ausprobieren.

Foto: ABL/Ilka Wolfsdorf

In der Stadthalle ist es (fast) mucksmäuschenstill. Eine Seltenheit, wenn 370 Neuntklässler zusammentreffen. Hochkonzentriert versuchen die jungen Leute an den 24 Stationen Aufgaben zu lösen. Mit mehr oder weniger Erfolg. Aber genau dafür ist die Börse „Berufe zum Anfassen“ da.

„Wir haben nicht den Beruf oder die Firma, sondern die Tätigkeit in den Fokus gerückt“, so Maymol Devasia-Demming, Geschäftsführerin bei der Allianz Bildung und Lernen. „Man kann sich nur für oder gegen ein Berufsfeld entscheiden, wenn man eine Vorstellung davon hat“, glaubt sie. Nicht selten schlägt das Herz der Jugendlichen für einen Beruf und nach wenigen Wochen in der Ausbildung stellen sie fest: „Das passt doch nicht.“ Auch den umgekehrten Fall gibt es: In Berufsfeldern, die sie vorher gar nicht auf dem Zettel hatten, erweisen sie sich als Naturtalent. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das kann“ ist ein Satz, der bei der Veranstaltung gar nicht so selten fiel.

Häufig konzentriert sich die Berufswahl der jungen Menschen auf einige wenige Ausbildungsmöglichkeiten, während andere gar nicht nachgefragt werden. Wenn es an jedem Tisch auch nur ein paar Minuten sind, in denen die Schüler mehr über Berufe lernen, so genügt die Zeit oft doch, um festzustellen, ob sich ein Praktikum zur Vertiefung des Eindrucks lohnt.

Das Konzept der Börse ist bereits erprobt und doch war in diesem Jahr einiges anders. Zum ersten Mal stemmte die Ratinger Allianz Bildung und Lernen (ABL) die Veranstaltung allein und nicht mehr in Kooperation mit dem Technikzentrum Minden-Lübecke. Daher auch der neue Name: Aus dem Berufsparcours wurde „Berufe zum Anfassen.“

Bereits im Vorfeld ging die Allianz neue Wege: „Wir haben allen teilnehmenden Klassen vorher genau erklärt, was sie auf der Veranstaltung erwartet und vor allem, welche Chancen sich den Schülern bieten“, so Devasia-Demming. Auch intensive Gespräche mit Lehrern wurden geführt. „Berufe zum Anfassen“ bietet den Jugendlichen und teilnehmenden Unternehmen ein gegenseitiges Kennenlernen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Börse konnten sich die Unternehmen im Stadthallenfoyer mit einem Stand präsentieren, Schüler konnten das Gespräch suchen, weitere Fragen stellen und Kontakt aufnehmen.

Für die, die im Laufe des Schuljahres ein Schülerpraktikum absolvieren müssen, ist der Berufsparcours eine gute Gelegenheit konkret nach einer Praktikumsstelle zu fragen. Es ist viel einfacher, mit einem Auszubildenden oder Ausbilder direkt zu sprechen, als eine schriftliche Bewerbung auf den Weg zu bringen.

Gleichzeitig haben die Unternehmen die Möglichkeit nicht nur für ihre Ausbildung zu werben, sondern talentierte Jugendliche zu Praktika und Schnuppertagen einzuladen.

Alle Schüler der neunten Klassen der Friedrich-Ebert-Schule, der Käthe-Kollwitz-Schule und der Martin-Luther-King-Gesamtschule schauten in der Stadthalle vorbei. Sicherlich ging nicht jeder mit der Aussicht auf einen Praktikumsplatz nach Hause, einige Stellen wurden aber durchaus verhandelt.

Besonders umringt war auf der Seeterrasse der Bagger der Firma Amand, die den Beruf des Geräteführers oder Straßenbauers vorstellte. Da wollte jeder gerne mal einstiegen.

Aber auch die beteiligten Betriebe zogen im Anschluss ein positives Fazit. Sie begrüßten vor allem die Möglichkeit, direkten Kontakt zu den jungen Leuten zu bekommen. Sie können talentierte Jugendliche direkt zu Praktika und Schnuppertagen einladen. Eine Chance, die viel zu selten genutzt wird, findet Devasia-Demming.

„Es wird immer schwerer Betriebe für die Teilnahme zu gewinnen“, stellt sie fest. Auch Praktikumsplätze werden zunehmend rar.

„Firmen, die sich darauf einlassen, sich für junge Menschen zu öffnen, haben eher die Chance einen Auszubildenden zu finden, der voll und ganz hinter seinem Beruf steht und die Ausbildung auch zu Ende bringt und den Beruf im Anschluss behalten will“, appelliert die Fachfrau.