Stadt schützt Bäume nicht per Satzung
Vor drei Jahren gelang es einem Grundstücksbesitzer, die Regelung zu kippen. Auf eine neue will die Stadt verzichten.
Mit einer neunseitigen Vorlage hat sich die Stadtverwaltung gegen die Einführung einer neuen Baumschutzsatzung ausgesprochen. Im Jahre 2012 war sie abgeschafft worden, nachdem ein Grundstückseigentümer im Streit um die Neubebauung des Stern-Apotheken-Geländes vor Gericht die Satzung gekippt hatte: Dort stand eine Platane, die Stadt hatte vergeblich auf die Satzung gepocht. SPD und Grüne hatten sich dann im vergangenen Jahr für eine Neuauflage eingesetzt: Die SPD wies darauf hin, dass viele Grundstücksbesitzer die Chance genutzt hätten, um „unliebsame Bäume zu beseitigen“. Auch den Grünen geht es mit Blick auf den Sturm Ela darum, den Bestand zu erhalten.
Ratingen gehörte 1978 landesweit zu den ersten Städten, die eine Baumschutzsatzung einführten. Sie wurde 1996 „liberalisiert“, viele Bäume wurden schutzlos, so die Stadt. Jedoch habe man nicht feststellen können, dass es zu einem „vermehrten Schwund“ gekommen sei. Im langjährigen Mittel wurden durch die Satzung etwa 110 Bäume jährlich vor der Kettensäge bewahrt. Menschen hätten gerne Bäume um sich. „Sie fällen bisweilen Bäume, sie pflanzen sie aber auch gerne“, so das Amt für Kommunale Dienste. Es gebe im Übrigen keine systematische Erhebung über die Anzahl der Fällungen: „Aus Sicht der Verwaltung kann aber nicht festgestellt werden, dass flächendeckend Bäume gefällt wurden.“ Unter Umständen hätten diese Bäume auch nach der alten Satzung gefällt werden können: Birken, Weiden, Pappeln, Kiefern und Fichten fielen nicht unter die Satzung.
Wegen der Folgen von Sturm Ela eine Satzung wieder einzuführen, sei nicht zu empfehlen, so das Amt: „Es mag Fälle gegeben haben, bei denen nach dem Sturm ohne Grund Bäume gefällt wurden.“ Aber es hätten auch viele Eigentümer beim Amt angerufen und nach Gutachtern gefragt, um die Standsicherheit überprüfen zu lassen. Und: „Gerade Ela hat auch in Privatgärten viele große Bäume zerstört. Gegenüber der Situation 2012 sind jetzt also noch weniger Bäume da, die durch eine Satzung geschützt werden könnten.“
Bei der Stadt verweist man auch auf die Erfahrungen anderer Kommunen: Etliche Städte hätten entsprechende Satzungen wieder aufgehoben, etwa 80 Prozent der Anträge auf Fällung seien ohnehin genehmigt worden, außerdem werde von den Kollegen auch auf den Personaleinsatz verwiesen.
Auch bei der Stadt sieht man den Personalaufwand als Hauptargument gegen eine erneute Regelung. Damit verbunden seien hohe Kosten. Außerdem müsse man zunächst ein Baumkataster für private Bäume anlegen, um eine solche Satzung „effektiv“ anzuwenden. Anderseits würde eine Satzung alten Baumbestand schützen. Besonders im Innenstadtbereich könnte ein Baumschutz für eine Verbesserung des Mikroklimas sorgen.
Aber viele andere Kommunen setzten auf Information der Bürger, um deren Eigenverantwortlichkeit zu stärken, so die Stadt Ratingen. Dort kommt zum Schluss, dass eine Satzung mit dem „vorhandene Personal und der derzeitigen Sachmittelausstattung“ nicht zu stemmen sei. Das Personalentwicklungskonzept 2020 mit einer Einsparquote von sechs Prozent lasse „keinen Spielraum mehr zu“.