Von alten Schätzen neue Bestseller kaufen

Regelmäßig werden in der Bücherei Medien aussortiert und beim Trödelmarkt des Hauses verkauft. Der Erlös dient der Refinanzierung.

Foto: Achim Blazy

Ratingen. „Eine Stadtbücherei muss gut sortiert sein. Sonst würde sie nicht funktionieren“, weiß Dr. Erika Münster-Schröer. Als Chefin der Stadtbibliothek hat sie neben allen anderen Aufgaben immer ein Auge auf die entsprechenden Statistiken.

„Interne Auswertungen zeigen genau, wann welches Medium ausgeliehen wird.“ Stimmt die Quote gar nicht, wird es aussortiert. Das, so ergänzt Azubi Alexander Schwedt, dokumentieren die sogenannten Nullerlisten. „Wenn einer nur Luschen hat, die alle auf der Nullerliste auftauchen, hätte er schlecht eingekauft“, sagt Münster-Schröer. Etwa 90 000 Euro sind im Etat. Zuletzt fielen Titel wie „Des Knaben Wunderhorn“, Schwärmerbuch für Romantiker, Heerscharen anständiger Literaturstudenten und inzwischen eher vergessen, oder Autoren wie Ingeborg Bachmann und Wolf Biermann durch nullkommanull Ausleihen auf.

„Wir sind eine Verbraucherbibliothek“, erklärt die Chefin. Neben Standardwerken und Klassikern liegt der Fokus auf dem, was aktuell ist. Weit oben in der Gunst der Leser steht in der Rubrik Belletristik alles, was mindestens Krimi, wenn nicht Thriller ist. „Die Blutschule“, „Sprache der Knochen“ und das harmlos klingende „Einsame Herzen“ sind entsprechend begehrt. Dass Nutzer sich solche Titel bevorzugt ausleihen, hängt nicht damit zusammen, dass sie kein Geld zum Kauf hätten. „Die meisten lesen so einen Krimi genau ein Mal. Und dafür lohnt die Anschaffung nicht.“ Das gilt übrigens in besonderem Maße für die taschengeldabhängigen Kinder und Jugendlichen. Von ihrer Aktualität leben außerdem Ressorts wie Reiseführer, Rechtstitel oder die sogenannte Schul-O-Thek.

In der Bücherei am Peter-Brünig-Platz passiert nichts zufällig. „Die Kollegen kümmern sich um ihr jeweiliges Gebiet“, was es an Neuerscheinungen gibt und welche davon vielversprechend oder wichtig sind - „wir setzen ja nicht nur auf Topseller, sondern auf Nischen mit vertiefendem Wissen“ - erfahren sie wöchentlich aus Publikationen wie dem Börsenblatt und dem Internet. Muss ein Buch weichen, kommt es ins Magazin. Neben den Ladenhütern stehen dort auch die Exemplare, die total zerlesen sind. Was noch brauchbar ist, wird gesammelt und beim Bibliothekströdel verkauft.

Zwei Mal jährlich findet der Bibliothekströdel statt, zuletzt wurde er im vergangenen Mai veranstaltet. „Ein weiterer Trödel ist für den Herbst geplant“, kündigt Erika Münster-Schröer schon jetzt an. Dieser Basar ist eine gute Gelegenheit, sprichwörtlich klar Schiff zu machen und Platz für Neues zu schaffen. Das Haus ist proppevoll: Neben dem, was an Büchern angeboten wird, gibt es das Feld der Hörbücher, CDs sowie DVDs. Letztere übrigens gibt es im Magazin, „eine Fundgrube alter Schätze“, wie Azubi Schwedt über Sammelstücke wie das „Rote Album“ der Beatles schwärmt. „Ich habe gelernt, gut wegschmeißen zu können“, sagt die Bibliothekschefin über die Fähigkeit, alte Schmöker aussortieren zu können.