Leichtathletik Der Neujahrslauf erzählt spannende Geschichten
Ratingen. · Niclas Bock kehrt nach Ratingen zurück, Gladys Just gab verletzt auf, Jens Färber rannte fünf Kilometer mit einem Bein.
Burkhard Swara ist die Stimme des Ratinger Neujahrslaufs, der Moderator kennt nahezu jeden auf der Strecke. So weiß er auch zu berichten: „Das ist Luke Kelly, der Sohn von Joey Kelly von der Kelly-Family.“ Und Swara hat auch den schnellsten Ratinger im Hauptlauf über zehn Kilometer bei der 42. Auflage des Rennens ausgemacht: Alexander Gossmann, wie im Vorjahr. Soll es sein. Denn der Athlet winkt im Ziel ab: „Ich habe vergessen, mein Häkchen auf der Anmeldung bei ,Ratingen’ zu setzen. Also bin ich jetzt nur für den SFD gestartet. Schnellster Ratinger ist damit Niclas Bock.“ Sehr ehrlich.
TTR-Athlet zieht gerade von Nürnberg nach Ratingen um
Bock wiederum nimmt die Ehrung gerne an, immerhin kehrt er nun in seine Heimat zurück. „Meine Frau Tamara und ich ziehen gerade von Nürnberg zurück und werden ab Februar wieder in Lintorf wohnen“, sagt der 29-Jährige, der für das Triathlon Team Ratingen (TTR) gestartet ist. In Nürnberg hatte seine Frau studiert, zuvor hatten beide im Allgäu gewohnt, jetzt „geht es wieder dahin zurück, wo für mich Heimat, Familie und Freunde sind“, sagt Bock, der 2004 Profi-Triathlet wurde, die Karriere aber Ende 2017 beendete. „Es wurde zu viel nebenher mit der Arbeit. Ich bin selbstständig und habe mit einem Kumpel aus Düsseldorf eine digitale Plattform, wo wir uns mit Triathlon und Ausdauersport beschäftigen. Nach der Zeit als Profi habe ich erstmal zwei Jahre Pause gemacht, um Abstand zu gewinnen, aber laufen möchte ich jetzt schon wieder gerne. Ich habe vor vier Wochen mit meinem Laufplan angefangen und will auch beim Düsseldorf Marathon starten“, sagt Bock, der in Ratingen die anvisierten 35 Minuten um zehn Sekunden verpasste, aber trotzdem zufrieden war.
Pech hatte dagegen eine Läuferin, die eigentlich ein Abo auf den Titel „schnellste Ratingerin“ hält: Gladys Just musste in der dritten und letzten Runde mit einer Zerrung aussteigen. Schnellste Ratingerin über die zehn Kilometer wurde so Nadine Böger vom TTR in 41:58 Minuten. Sieger des Hauptlaufes wurden bei den Männer Solomon Eyob, der so zum vierten Mal nach 2015, 2016 und 2017 gewann, sowie Sonia Vernikov bei den Frauen.
Einer, der mit den größten Applaus im Zieleinlauf bekam, hatte mit den Siegerlisten wenig zu tun: Jens Färber reckte nach der Strecke von fünf Kilometern seine Krücken in die Höhe und wurde von den Zuschauern gefeiert. Der 51-Jährige hat nur noch ein Bein, als er gerade einmal drei Wochen alt war, wurde bei ihm ein Tumor im Beckenbereich gefunden, und „man sah keine andere Möglichkeit, als das ganze rechte Bein zu entfernen“, berichtete Färber, der mit seiner Frau Monika aus Rees am Niederrhein angereist war. „Ich war zum ersten Mal hier dabei, es war schön“, befand Färber. „Gerade am Anfang, wenn es bergab geht, ist es sehr angenehm – bis man dann daran denkt, dass man das ja auch wieder hoch muss“, ergänzte er lachend.
Mit der Aufschrift „Inklusion ist Teamsport“ lieferte er auf seinem Lauf-Shirt auch eine wichtige Botschaft – seine Behinderung hält ihn jedenfalls nicht vom Sport ab: „Er war eigentlich Sitz-Volleyballer, aber dann machten die Schultern nicht mehr so mit, also ist er zum Krückenfußball gewechselt“, erzählt Monika Färber, und ihr Mann ergänzt: „Als Basis dafür ist Ausdauer gut. Deswegen laufe ich jetzt seit fünf Jahren und versuche, einmal pro Monat einen solchen Volkslauf zu absolvieren.“ Die vielen Gratulanten, die seine Leistung würdigten, sprachen für sich.
Mit mehr als 2000 Anmeldungen hatte die 42. Auflage zwar hier eine neue Bestmarke, der Vorjahresrekord von 1939 Teilnehmern wurde allerdings nicht geknackt – 1709 Starter zählte der ausrichtende ASC Ratingen-West am Ende. Auch das ist eine gute Zahl, zu der auch der erstmals ausgetragene Company-Cup für Firmen beitrug. ASC-Geschäftsführer Ludger Lümmen freute sich, dass es auch Anmeldungen aus dem benachbarten Ausland wie Italien und Frankreich gab und lobte die Arbeit der rund 100 ehrenamtlichen Helfer, die das Event Jahr für Jahr überhaupt erst möglich machen, weil der ASC immer mehr in Eigenleistung bringen muss. Auch bei dieser 42. Auflage hat er das aber bestens hinbekommen.