Cannabiskonsum: Aus Spaß wird Abhängigkeit
Weil sich immer mehr jugendliche Cannabiskonsumenten für einen Entzug melden, richten die Fachklinik Langenberg und die Diakonie zwei neue Gruppen ein.
Velbert. 2,4 Millionen Cannabiskonsumenten gibt es laut der Hauptstelle für Suchtfragen deutschlandweit. Und auch in Velbert wird in Jugendzimmern regelmäßig ein Joint gedreht. Schnell kann aus Spaß Abhängigkeit werden. „Von 2009 bis 2011 ist die Zahl derjenigen, die sich für einen Entzug bei uns gemeldet haben, um 150 Prozent angestiegen“, sagt Werner Montel von der Fachklinik Langenberg. Die Klinik hat jetzt mit der Fachstelle Sucht der Diakonie neue Gruppenangebote entwickelt.
In den Einrichtungen werden fünf bis sieben Jugendliche therapiert. „Die Süchtigen können sich über ihre Probleme austauschen. In ihren Cliquen wird das Kiffen verherrlicht, bei uns wird kritisch darüber gesprochen“, sagt Rolf Pfänder von der Fachstelle.
Nicht nur die Freunde, auch die Eltern verharmlosten den Konsum oft. „Vater oder Mutter haben vielleicht selbst mal gekifft und denken ,ein, zwei Joints, das ist doch nicht schlimm’“, sagt Judith Ortmann, Leiterin der Fachstelle. Doch heutzutage sei der THC-Wert, der Hauptwirkstoff der Hanfpflanze, fünf bis 20 Mal so hoch wie früher.
Schäden wie Gedächtnisprobleme, Lustlosigkeit und ein gestörtes Schlafverhalten treten bei intensivem Konsum auf. Deshalb warnt Pfänder: „Eltern sollten den Cannabiskonsum ihrer Kinder ernst nehmen.“ Er berichtet von einem 16-Jährigen, der in seine Sprechstunde kam, weil er wegen Cannabis-Besitzes angezeigt worden war — von seiner Mutter. Drastische, aber: „Er meinte selbst, das war richtig so.“
Bis zur Selbsterkenntnis „Ich bin süchtig“ vergehen bei den meisten Jugendlichen häufig mehrere Jahre. „Sie kommen mit 15 das erste Mal, versuchen den Entzug dann selbst, scheitern und stehen wieder bei uns vor der Tür“, sagt Pfänder. Manchmal helfe nur eine stationäre Therapie, da mit dem alten Umfeld auch alte Muster schnell wieder aufkommen. „Der Kontakt zur Kiffer-Clique muss abgebrochen werden“, betont Werner Montel.
Der extreme Entzug, bei dem Symptome wie depressive Verstimmung, Schweißausbrüche und Unruhe aufkommen, dauert zwischen vier Tagen und drei Wochen, sagt Montel. Die gesamte Entwöhnung ist ein langer Prozess, der Jahre dauern kann. „Die Jugendlichen müssen neu lernen, wie sie sich entspannen können — ohne Drogen“, sagt Montel. So werden Übungen, beispielsweise Meditation, vermittelt. Nach einiger Zeit würden die Jugendlichen „auftauen“. Wer sich morgens nach dem Aufstehen den ersten Joint anzünde, betäube seine Gefühle. Wut, Freude, Trauer — das alles komme langsam wieder auf. Aber wie ein trockener Alkoholiker muss auch auch ein Cannabis-Abhängiger abstinent bleiben — ein Leben lang.