Velbert Ein Ort voller Geschichte

Velbert. · Im November jährt sich zum 75. Mal, dass sich Diakonissen an dem beschaulichen Ort niederließen. Zum Jubiläum haben Schwester Brigitte Kaufmann, diakonisch-theologische Leiterin des Mutterhauses, und Jürgen Lohbeck vom Vorstand des Bergischen Geschichtsvereins Velbert-Hardenberg ein Buch über die historische Stätte verfasst, das jetzt in der Reihe „Velbert im Quadrat“ des Scala-Verlages erschienen ist.

Schwester Brigitte Kaufmann, Jürgen Lohbeck und Verlegerin Jutta Scheidsteger (v.r.) präsentieren das Jubiläumsbuch.

Foto: Reinhard Lüdeke

„Die Bleibergquelle ist ein besonderes Kleinod“, sagt Verlegerin Jutta Scheidsteger. Die Diakonissen hätten unter anderem mit dem Bildungszentrum vieles geschaffen, was weit über Velberts Grenzen hinaus bekannt sei.

Die Idee zum Buch entstand im Sommer vergangenen Jahres, als Lohbeck an der Bleibergquelle einen Vortrag über deren Geschichte hielt. „Ich war völlig begeistert“, so Schwester Brigitte, die sich spontan bereit erklärte, das Werk zum Jubiläum zusammen mit Lohbeck zu verfassen. Es behandelt im ersten Teil die Historie. „Erstmals belegt ist der Erzbergbau auf Blei, Zink und Kupfer, der dem Bleiberg seinen Namen gab, durch ein Dokument vom 10. Mai 1491. Aber der Abbau hat wohl schon viel früher begonnen“, so Lohbeck. 1579 entstanden die erste Erzwäsche und die zugehörigen Teiche. Mit Unterbrechungen wurde bis 1900 geschürft, bevor ein Wassereinbruch das endgültige Aus für den 300 Meter tiefen Stollen brachte. Architekt Heinrich Wassermann, Gemeindebaumeister aus Kupferdreh, kaufte das Gelände in den 1920er Jahren und baute an der ehemaligen Erzwäsche das „Kurhaus Bleibergquelle“ (das damit auch den heutigen Namen erhielt) mit Gondelteich und Außenwirtschaft samt 2000 Sitzplätzen. Der Betrieb endete mit Kriegsbeginn, die Deutsche Arbeitsfront nahm das Gelände in Beschlag. DAF-Chef Robert Ley war öfter zu Besuch, auch Rüstungsminister Albert Speer wurde am Bleiberg gesichtet. Nach Einzug der Amerikaner im April 1945 hausten zeitweilig ehemalige Zwangsarbeiter in den Baracken. Als die Diakonissen im November 1945 nach Velbert kamen, waren die Gebäude verwüstet – für die Schwestern war es ein völliger Neuanfang.

Auch in den Jahrzehnten der Diakonie gab es einen stetigen Wandel. War es anfangs ein breites Spektrum über Kranken- und Altenpflege bis zur Kinderbetreuung – noch im alten, 1977 geschlossenen Velberter Krankenhaus waren Diakonissen tätig –, hat man sich in den letzten 20 Jahren verstärkt auf Bildung fokussiert. So bietet das Berufskolleg heute zahlreiche Abschlüsse bis zum akademischen Grad.

Oft war die Diakonie ihrer Zeit voraus. Als die Schwestern vor fast zwei Jahrzehnten mit den „Quellenzwergen“ eine Betreuung für Kinder bis drei Jahren anboten, um jungen, schwangeren Frauen zu ermöglichen, ihre Ausbildung zu vollenden, war der Begriff „U3“ noch unbekannt. Weiterer Baustein war die Gründung der Christlichen Gesamtschule. Noch in diesem Jahr soll der Ausbau der Kindertagesbetreuung bis sechs Jahre beginnen, und es laufen Gespräche zum Bau einer Grundschule, die 2022 starten soll.

Mit der Fokussierung auf junge Themen begegnen die Diakonissen einem Trend: Waren dem Mutterhaus zeitweise mehr als 600 Schwestern zugeordnet, sind es heute noch 86, davon 76 sogenannte Feierabend-Schwestern, die das Rentenalter erreicht haben. „Viele sind aber weiterhin ehrenamtlich in Velbert und Umgebung aktiv“, erläutert Schwester Brigitte. Um eine breitere Basis zu erhalten, wurde bereits 2007 die Diakonische Gemeinschaft gegründet, in der sich sozial und christlich engagierte Menschen zusammenfinden, die Ideale und Vorstellungen der Diakonie teilen, Einzelpersonen und auch Ehepaare. Ein Wermutstropfen bleibt indessen – Corona-bedingt stehen hinter geplanten Festveranstaltungen zum Jubiläum noch viele Fragezeichen. Die Pfingstkonferenz musste schon ausfallen.