Gleichstellungsbeauftragte: „Früher war ich eine Exotin“
27 Jahre lang war Irene Claas bei der Stadt zuständig für die Gleichstellung. Jetzt geht sie in Rente.
Wülfrath. Sie schmunzelt. Sie nickt. Sicher sei sie „irgendwie“ eine der ersten „Emanzen mit kommunalem Auftrag“ gewesen. Und das jetzt schon seit fast 27 Jahren: Irene Claas ist die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Wülfrath. Am 22. März hat sie ihren letzten Arbeitstag. „Der 23. März ist ein Samstag. Dann kann ich üben, wie sich Ruhestand anfühlt“, sagt sie.
„Ich würde diesen Job immer wieder machen“, sagt sie. „Das Thema Gleichstellung von Mann und Frau ist vielfältig und betrifft alle Bereiche einer Verwaltung“, sagt die 65-Jährige. Dieses Thema zu berücksichtigen, „ist in den Rathäusern normal. Als ich angefangen habe, war das nicht so.“
Mehr als einmal, gesteht sie, „bin ich mir als Exotin vorgekommen“. Gleichstellung war in den 1980er-Jahren eine freiwillige Aufgabe, seit 1995 eine Pflichtaufgabe. Wülfrath gehörte zu den ersten Kommunen im Kreis, die sich ihr gestellt haben. „Ich war damals an einem Projekt mit der Uni Wuppertal verbunden. Das war echte Aufbauarbeit. Es ging um „Basisrechte“ sagt sie über ihren ersten Frauenbericht — eine echte Grundlage für ihre künftige Arbeit.
Ihr Einsatz und ihre Kompetenz sprach sich herum. Vier Jahre lang war sie Sprecherin der Gleichstellungsstellen im Land, drei Jahre auf Bundesebene. Es sei eine Zeit des Aufbruchs gewesen, um die Rolle der Frau zu stärken.
„Damals war die ASF der SPD aktiv. Auch eine Frauen-Union. Sogar die FDP hatte eine gewisse Zeit eine feministische Gruppe, die Lib-elle“,“ erinnert sie sich. Das steigende Selbstbewusstsein der Frau hätte sich in zunehmenden Ratsmandaten gespiegelt. „Da war viel in Bewegung. Aktuell sind Frauen im Rat aber unterrepräsentiert“ , befindet sie.
Hingegen sei es eine Selbstverständlichkeit geworden, dass Frauen in der Verwaltung Führungsaufgaben übernehmen. Das sei eine der Errungenschaften der vergangenen Jahre. „Besonders auffallend ist, dass im technischen Bereich immer häufiger Ingenieurinnen eingestellt werden“, hebt sie positiv hervor.
Unverändert ist laut Claas aber, dass mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten — im Wülfrather Rathaus ein Verhältnis von 64 zu acht. Eine Entwicklung, die sie bedenklich findet: die zunehmende Zahl an befristeten Stellen. „Das trifft auch meistens die Frau.“
In ihrer Tätigkeit — schon Ende der 1980er war sie auch für die Integration zuständig — habe sie sich immer als Pionierin gefühlt. „Netzwerke bilden, Ideen entwickeln, Projekte initiieren“, skizziert sie, das habe sie geschätzt. Zuletzt brachte sie den Gesundheitstag auf den Weg — mit mehr als 40 Akteuren aus dem Gesundheitswesen. Häusliche Gewalt und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf seien die Themen, denen sich ihre Nachfolgerin — die noch nicht benannt ist — widmen sollte.
„Das ist immer aktuell.“ Wülfrath werde sie aber auch im Ruhestand verbunden sein, versichert sie — zum Beispiel in der Flüchtlings-Initiative Inga oder im Stadtteilförderverein Ellenbeek. Langweilig wird’s ihr also kaum werden. Ihre Reise-lust bietet ausreichend Abwechslung. Ihr Lieblingsziel: die Türkei.