Historiker untersucht Velberter Revolution

Henri Schmidt leitete früher die Polizeiwache, heute schreibt er Bücher: Für sein neues Werk stöberte er in der Geschichte der Schlossstadt.

Foto: Ulrich Bangert

Velbert. Vor 100 Jahren kam die Revolution nach Velbert: Doch es rollten keine Köpfe, und es herrschte kein Chaos. Der Arbeiter- und Soldatenrat, der am 11. November 1918 gegründet wurde, und am 23. Februar 1919 seine Tätigkeit einstellte, handelte umsichtig und kümmerte sich um die Belange der Velberter Bevölkerung. Henri Schmidt hat in seinem Buch „Revolution in Velbert“ zum ersten Mal dieses wenig beachtete, kurze, aber bedeutende Kapitel der Velberter Stadtgeschichte erforscht. „Der Leser wird zu Beginn des Buches in die Zeit am Ende des Ersten Weltkrieges herangeführt“, so der ehemalige Leiter der Velberter Polizeiwache, der nach seiner Pensionierung als Seniorstudent an der Bergischen Universität Wuppertal ein Studium der Geschichte und Politikwissenschaft absolvierte.

Ausgelöst wurde die Revolution durch die kriegsmüden Matrosen in Kiel, die sich weigerten, erneut gegen England auszulaufen. Philipp Scheidemann rief am 5. November 1918 in Berlin die Republik aus. „Blitzartig bildeten sich in ganz Deutschland Arbeiter und Soldatenräte, auch in Velbert.“ Ein langer Demonstrationszug endete am Rathaus. Der Stadtverordnete Wilhelm Meiswinkel von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) stellte den kurz zuvor gebildeten Arbeiter- und Soldatenrat und deren Ziele vor.

Bürgermeister Georg Deiter erklärte, dass er und seine Verwaltung sich den Anordnungen des Arbeiter- und Soldatenrates fügen werde. „Als Erstes stellten sie eine 150 Mann starke Schutzmannschaft unter der Führung der kommunalen Polizei auf, mit dem Ziel, die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten und die Lebensmittellager zu überwachen“, stellt Schmidt fest.

Daneben wurden die zurückfließenden Truppen beobachtet, die Bevölkerung hatte alle Waffen abzugeben. „Auch die Polizei, die Kollegen waren noch mit Degen und Schlagstock unterwegs.“ Ab 23 Uhr herrschte Sperrstunde, aber Kinos und Schulen wurden wieder geöffnet, die Kartoffelbestände und Milcherzeugnisse wurden bewirtschaftet, die heimgekehrten Soldaten in das Velberter Arbeitsleben integriert. Auf die Wohnungsnot reagierten die „Revolutionäre“ mit der Gründung eines städtischen Wohnungsamtes. Weil die Bürger das Münzgeld horteten, wurden kurzerhand zwei Millionen Mark Kleingeld in Scheinen gedruckt.

Historiker Schmidt zieht am Ende des Buches ein positives Resümee: Die gemäßigten Kräfte orientierten sich an der Aufrechterhaltung der Sicherheit, der Arbeitsplätze, die Einführung des Acht-Stunden-Tages wurde überwacht. Anders als im Ruhrgebiet traten die Rufe nach einer Sozialisierung der Industrie in den Hintergrund. „Es war eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Velberter Stadtverwaltung und dem Arbeiter- und Soldatenrat“, erläutert Henri Schmidt abschließend.

Dankbar ist er den Mitarbeitern des Stadtarchivs, die ihn bei seinen Recherchen unterstützt haben. Daneben forschte der Historiker bei den Nachkommen des Stadtrates und wurde fündig: „Ich habe sogar ein Foto von Wilhelm Meiswinkel erhalten.“