Jung, weiblich und Motorsportfan

Die 26-jährige Janine Lerbs ist die neue Vorsitzende des MSC Neviges-Tönisheide. Sie mischt gerne eine Männerdomäne auf.

Foto: Ulrich Bangert

Neviges. Janine Lerbs liebt Motorengeräusche. Die 26-Jährige fährt Auto-Slalom, Kart und ist als Motorradfahrerin Mitglied der Bikergirls Bergisch Land. „Das ist sehr cool, wenn man über seine Hobbys redet und dann so etwas auf Lager hat“, sagt Lerbs. „Die meisten trauen mir das gar nicht zu.“ Zum Beispiel die Arbeitskollegen, die ungläubig gucken, wenn die Industriekauffrau von ihrem wagemutigen Hobby erzählt.

Jetzt wurde Janine Lerbs sogar zur Vorsitzende des Motorsportclubs Neviges-Tönisheide gewählt. Sie ist seit ihrem zehnten Lebensjahr Vereinsmitglied. „Ich habe schon als Kind mit meinem größeren Bruder zusammen mit Autos gespielt“, erinnert sich die Velberterin.

Vom Küken zur Vorsitzenden — viele Vereine würden sich freuen, wenn die Nachwuchsarbeit derart reibungslos laufen würde. Lerbs weiß, dass sie ein Ausnahmefall ist. Selbst eine normale Mitgliedschaft ist für manche jungen Leute eine zu große zeitliche Verpflichtung, auch beim MSC. Dort zählt die Jugendgruppe derzeit rund zehn Mitglieder. „Das ist ein Zeitfaktor. Die Schule nimmt immer mehr Raum ein und manchmal spielen auch die Eltern nicht mit. Denn auch die sollten beim Training aus versicherungstechnischen Gründen dabei sein“, sagt Janine Lerbs.

Bei ihr hat alles gestimmt. Sie kam über ihren Bruder in den Verein und wuchs von der Kart- zur Slalom-Fahrerin heran, die auf Rennstrecken wie etwa auf dem TÜV-Platz Neuss oder dem Flughafen Mönchengladbach mit dem Auto um die Hütchen düste. Wichtiger Grund für sie, dabei zu bleiben, war die Gemeinschaft im Verein. „Ich habe mich hier immer geborgen gefühlt.“

Schon seit Jahren habe der langjährige Vorsitzende Wolfgang Maiwald bei der damaligen zweiten Jugendleiterin nachgehakt, ob sie nicht in seine Fußstapfen treten möchte. Im vergangenen August starb Maiwald, so dass der Verein plötzlich zum Handeln gezwungen war. Lerbs stellte sich als einzige Freiwillige zur Wahl und durfte das volle Vertrauen der Mitglieder genießen. „Dass das Ergebnis einstimmig war, hat mich wirklich sehr gefreut“, sagt Lerbs.

Was genau als Vorsitzende auf sie zukommt, das weiß Lerbs noch gar nicht so recht. Besorgt ist sie nicht. Sich ins Ungewisse stürzen, das machen Geschwindigkeitsjunkies eben so. „Wir sind ein Vorstandsteam von sieben Leuten. Da bekomme ich viel Unterstützung.“

Ab sofort steht für Lerbs die Vereinsarbeit im Vordergrund. Für 2017 stehen etliche Termine an, vom Sommerfest über die Ferienaktion auf dem Parkplatz des Sportzentrums Velbert bis hin zur weihnachtlichen Siegerehrung am Ende des Jahres. Ein Trend, der sich schon seit einiger Zeit berufsbedingt eingeschlichen hat, wird sich fortsetzen: Lerbs sitzt nur noch in Ausnahmefällen im Rennfahrzeug. „Das vermisse ich schon“, sagt sie. Im normalen Straßenverkehr fahre sie sehr gesittet. Im Vereinsauto hingegen lege sich ihr „Motorsport-Schalter“ um. Dann will sie die Beste sein — und freut sich besonders, wenn sie auch mal die Männer in die Schranken weisen kann.

Janine Lerbs hat aber auch noch eine andere Seite. Sie kann nämlich auch mal ganz Mädchen sein. „Ich bin gerne mal mit weniger PS unterwegs“, sagt sie und lacht. Ihr zweites Hobby ist das Reiten mit ihrem Pferd.