Wülfrath Kalkwerke gewähren seltene Einblicke

Wülfrath. · Das Unternehmen Lhoist zeigte einer 30-köpfigen Besuchergruppe, wie sie in Wülfrath Kalkstein abbaut. Die Teilnehmer erlebten eine Sprengung und entdeckten idyllische Flecken in der Landschaft.

Daneben wirken selbst große Menschen winzig: Simon und seine Mutter Elisabeth schossen ein Erinnerungsfoto neben einem der gigantischen Bagger, die im Kalksteinbruch unterwegs sind.

Foto: Daniele Funke

Die Schranke, die der hochmoderne Reisebus langsam passiert, hat fast schon Symbolcharakter. Mit ihr öffnet sich die Pforte in eine Welt, die so gar nichts gemeinsam hat mit dem vertrauten Leben da draußen in Wülfrath, Velbert, Mettmann. Hier beginnt die rund dreistündige Tour durch die Kalkwerke Lhoist, bei der die rund 30Teilnehmer an Bord sehr viel staunen und noch viel mehr erfahren werden.

„Seit 1904 wird in Wülfrath Kalk abgebaut“, informiert Bernd Becks die Fahrtgäste über das Mikrofon. „Thyssen hatte einst die Flächen gekauft, um Kalk für seine Stahlindustrie zu gewinnen.“ Becks war fast 50 Jahre lang Leiter im Qualitätsmanagement. Heute ist er 70 Jahre alt – und seinem ehemaligen Arbeitgeber immer noch verbunden. Daher übernimmt er jetzt Führungen durch den Kalksteinbruch. „Wir bauen hier pro Jahr zehn Millionen Tonnen Kalk ab“, erzählt er.

Spiralförmig bohrt sich der Bus in Schritttempo immer tiefer in das Nordfeld des Steinbruchs Rohdenhaus hinein. Der Boden staubt, die hohen Steinbruchwände (an der tiefsten Stelle 2250 Meter tief, 30 Meter unter dem Meeresspiegel) mit ihren terrassenförmig gesprengten Sohlen lassen alles wie Miniaturausgaben wirken. „Das ist ja gigantisch“, staunt eine Frau über diesen Anblick. 1000 PS starke Transportfahrzeuge mit einem Reifendurchmesser von 2,70 Metern bringen unermüdlich das abgetragene Gestein zur Brechanlage. Simon (10) ist mit seinen Geschwistern Daniel (11), Elena (14) und seiner Mama Elisabeth an Bord des Reisebusses. Simon ist schwer beeindruckt, stellt sich bei einer kurzen Pause an einen Radlader, macht ein Größenabgleich und lacht. Neben diesen Kolossen kann ein Mensch nur winzig aussehen.

Dann geht es weiter in den kleineren Steinbruch Silberberg. „Der Kalk, den wir hier gewinnen ist teilweise mit Schwermetall belastet, glänzt auch manchmal ein wenig, daher der Name Silberberg. Der hier gewonnene Kalk darf daher nicht für die Futtermittelverarbeitung genommen werden“, erklärt Becks.

Dann bittet er die Besucher, ihre Schutzbrille aufzuziehen und ihren Helm aufzusetzen und dann auszusteigen. Wenige Sekunden später ertönt ein Hupen, dann drei Explosionen hintereinander, Staub wirbelt auf, Geröll bricht in sich zusammen. „Das war cool“, schwärmt Simon. Mama Elisabeth ist zwar beeindruckt, doch „ich hatte mir das lauter vorgestellt“, sagt sie.

Viele Fragen tun sich auf, man merkt Bernd Becks die große Freude an, mit der er sein Wissen sehr geduldig weitergibt: Ist schon mal etwas passiert bei einer Sprengung? Woran erkenne ich die Qualität eines Kalksteins? Wie viele Menschen arbeiten hier? Wie kommt der Kalk zu den Abnehmern? Damit die Fahrzeuge, die die Steinbrüche befahren und wieder verlassen, nicht die Straßen mit ihren erdbehafteten Rädern verdrecken, gibt es einen Reifenwaschanlage, die auch der Reisebus passieren muss.

„Schauen Sie mal nach rechts“, rät Becks durch das Mikrophon, und ein Raunen geht durch den Bus: Die Gruppe passiert riesige Seen mit türkisblauem Wasser – voll gelaufene Gruben. „Das ist ja unfassbar schön“, schwärmt Christine Kampen aus Mettmann. Vergleiche mit der Südsee und der Karibik werden gezogen. „Jetzt noch eine schöne Bar hier, an der man Caipirinha schlürfen könnte... das wär’s, oder?“, mutmaßt Bernd Becks grinsend, alle stimmend lachend zu.

„Was für eine wunderbare Tour, informativ und äußerst spannend“, resümiert Dreifachmama Elisabeth, und Simon kann ihr nur beipflichten. „Das war ein toller Ausflug. Die Sprengung war spannend, das Wasser unglaublich blau, ganz anders als an der Nordsee, wo wir sonst immer den Urlaub verbringen.“