Wülfrath Öffentliche Anklage trifft wie Nadelspitze

Wülfrath. · Das Unternehmen Knorr-Bremse soll 2020 geschlossen werden. Gegen die geplante Schließung demonstrierten zahlreiche Teilnehmer. IG Metall betont die Zukunftsfähigkeit der Wülfrather Produkte.

Auf dem Heumarkt protestierte und demonstrierte die Belegschaft für ihre Arbeitsplätze.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Scheinbar vorausschauend hatte die IG Metall noch vor Beginn der Demonstration unzählige rote Schirmkappen unter den Anwesenden verteilt – nur wenige Minuten später beginnt es am Samstag in der Wülfrather Innenstadt zu tröpfeln. Wahre Solidarität aber zeigt sich gerade dann, wenn die Sonne eben nicht scheint, niemand der rund 250 Zuhörer lässt sich vom Regen abschrecken, sie pfeifen weiter mit ihren Trillerpfeifen, halten Plakate hoch, schwenken IG-Metall- Flaggen.

„Die Unternehmensleitung hat heute – weil sie um unsere heutige Demo weiß – angebliche Faktennews veröffentlicht, dass alles, was wir behaupten, nicht stimmen würde“, ruft Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW, den Menschen durch das Mikrofon zu, „das zeigt uns, dass sie unsere öffentliche Anklage wie eine Nadelspitze trifft. Sie behauptet, die wirtschaftliche Situation am Standort Wülfrath sei rückläufig. Nein! Wir haben Produkte, die zukunftsfähig sind, Systeme für autonomes Fahren sind Zukunftsprodukte. Knorr-Bremse kauft deutsche Unternehmen, um deren Know-how auszusaugen und geht dann mit dem Wissen ins billige Ausland.“

Rund 360 Arbeitsplätze sind von der Schließung betroffen

Dann richtet er noch einmal gezielt die Worte an die applaudierenden und anerkennend pfeifenden Demoteilnehmer: „Egal, ob wir mit
50 000 oder mit 300 Leuten wie hier zusammenkommen, wir können Solidarität organisieren, nur Solidarität wie hier kann den Kampf gewinnen, Glückauf!“ Ende Mai hatte der Münchener Konzern die endgültige Schließung des Wülfrather Werkes für 2020 bekanntgegeben, betroffen sind davon rund 360 Arbeitsplätze. Es habe keinerlei Verhandlungen, keine Gespräche mit der Belegschaft gegeben, alles sei über deren Kopf hinweg entschieden worden, betont Betriebsratsvorsitzender Ahmed Yildiz in seiner Ansprache.

Laut Konzernspitze lohne sich die Fortführung des Standortes Wülfrath nicht mehr. Eine Farce sei das, die man sich nicht gefallen lasse. „Wir haben jetzt Gutachter und Sachverständige eingeschaltet, die beweisen werden, dass der Erhalt des Werkes bis 2026 betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, wir haben Rechtsexperten verpflichtet. Wir werden in den kommenden Tagen Gespräche mit NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann und dem Vorsitzenden der Landes-SPD, Sebastian Hartmann, führen. Wir werden auf allen Ebenen kämpfen, und wir sind jederzeit zu Gesprächen bereit.“ Knorr-Bremse hatte 2016 den Wülfrather Lenksystemhersteller Tedrive Steering Systems gekauft. Seitdem wartet die Belegschaft des Betriebes, der 2017 in Knorr-Bremse SteeringSystems GmbH Wülfrath umbenannt wurde, auf Einhaltung von Arbeitsplatzsicherungszusagen.

2017 und 2018 hatten die Mitarbeiter freiwillig auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet, per Tarifvertrag hatte sich der Konzern im Gegenzug verpflichtet, den Betrieb zukunftssicher zu machen. Für die Mitarbeiter zeichnet sich das alles im Nachhinein als falsche und leere Versprechungen ab.

Mitarbeiter wollen sich nicht unterkriegen lassen

„Wir werden nicht aufhören, an die Öffentlichkeit zu gehen“, ruft Hakan Civelek, Geschäftsführer der IG Metall, den aufgewühlten Zuhörern kampfessicher entgegen, „es ist das einzige Instrument, das uns noch zur Verfügung steht.“ Im Vorfeld der Demonstration hatte das Unternehmen betont: „Knorr-Bremse SteeringSystems erzielt seit 2016 negative Jahresergebnisse. Der letzte Großserienauftrag von Ford läuft in diesem Jahr aus.“