Könige der Nacht schätzen die Ruhe
Einfach ist es nicht, einen Uhu zu finden und zu beobachten. Die scheuen Vögel werden erst in der Dämmerung aktiv. Detlef Regulski ist Uhu-Experte und weiß, wo die Tiere zu finden sind.
Wülfrath. Es ist die Zeit, wenn der Uhu munter wird und man selbst manchmal schon müde ist. Wie das bei vermeintlichen Abenteuern so üblich ist, tauchen ziemlich schnell ein paar kleinere Unpässlichkeiten auf. Drei Leute und ein Geländewagen mit nur zwei Sitzen? Kein Problem für Detlef Regulski. Der anerkannte Uhu-Experte fährt oft mit Naturliebhabern über die Schotterpisten. Und die sitzen dann auch schon mal in der ungefederten Zwischenzone — mit Garantie für die ganz besonderen Momente, in denen man ordentlich durchgeschüttelt wird.
Los geht’s also in Dornap: In den ehemaligen RWK-Gruben, die jetzt zum Unternehmen Lhoist gehören. Durchs eigentlich verschlossene Tor, um ein paar Kurven und durch Tunnel hindurch. Den Uhu braucht man an diesem Abend nicht lange zu suchen. Denn dort wartet erlaubterweise und dennoch zufällig — in unaufdringlicher Entfernung zum Protagonisten seiner Fotos — auch noch Klaus Tamm. Der wiederum wurde wegen seines gelungenen Schnappschusses einer Sumpf-Siegwurz kürzlich zum Naturfotografen des Jahres gekürt. Diesmal allerdings ist es der Uhu, an dessen Fersen er sich mit seiner Kamera geheftet hat.
Und tatsächlich: Man hört ihn von weitem rufen. Bald schon kann man ihn — mit einem opulenten Fernglas vor den Augen — irgendwo im Schatten eines schützenden Busches erahnen. Jetzt zum Plauderstündchen aussteigen und ein großes Palaver veranstalten? Besser nicht, die gefiederten Herrschaften sind empfindlich. „In der Grube nebenan hat das Weibchen erst vor kurzem den Brutplatz verlassen, weil es dort offensichtlich gestört wurde“, erzählt Detlef Regulski.
Detlef Regulski, Uhu-Fachmann, über seine Safaris in den Steinbrüchen der Region
Im Klartext heißt das: Die Möchtegern-Eltern geben ihre Nachwuchspläne an dieser Stelle auf und suchen lieber das Weite. Also kurz die Autotüre aufmachen, leise anschauen — und gleich geht’s auch schon wieder weiter in die nächste Grube.
Derweilen neigt sich der Tag dem Ende zu, und deshalb heißt es schon wieder: anhalten, aussteigen, fotografieren. Schließlich sollen die letzten Sonnenstrahlen unbedingt mit aufs Bild, weil sie zu dem gehören, was Detlef Regulski beinahe an jedem schönen Tag verfolgen darf, an dem er in den Steinbrüchen unterwegs ist. Und das ist er offenbar ziemlich oft, wie man von ihm selbst hört. „Wenn andere Feierabend machen, werde ich munter“, plaudert er über seine Safaris durch die heimische Natur. Und dann sagt er schmunzelnd auch noch das: „Den Uhu kenne ich beinahe besser als meine Freundin.“ Nun ja — wer mit einem leidenschaftlichen Naturbeobachter zusammenlebt, wird eine solche Aussage hoffentlich verschmerzen können.
Pünktlich zum Sonnenuntergang hoch oben auf der Halde der Kalkwerke Oetelshofen angelangt, wird dann noch ein ganz besonderes Schauspiel geboten. In der Grube wird im Scheinwerferlicht der Radlader gearbeitet, im Hintergrund neigt sich langsam die Nacht über Düsseldorf.
Und dann, nach stundenlangem Gerumpel über die Schotterpisten der Steinbrüche und Gruben rund um Wülfrath kurz durchs Nachtsichtgerät geschaut, sehen wir sie doch noch: die leuchtenden Augen der gefiederten Könige der Nacht.