Kunst drückt aus, was Sprache nicht kann
Kunsttherapeutin Sunci Matijanic beginnt ein Ferienprojekt mit unbegleiteten Flüchtlingen.
Wülfrath. Geschichten von und über Menschen haben sie schon immer fasziniert. Also machte Suncica Matijanic, die alle „Sunci“ nennen, aus ihrem Interesse einen Beruf. Seit Juni 2014 ist die studierte Heilpädagogin und Kunsttherapeutin an der Bergischen Diakonie tätig. Schwerpunktmäßig ist die 43-Jährige im Offenen Atelier aktiv. „Sunci ist für das ganze Atelier besonders wichtig“, sagt Manuel Rohde, Kollege aus dem psychologischen Dienst. „Sie hat eine überaus positive Ausstrahlung“, weshalb die „Grundstimmung gut ist. Diese Atmosphäre ist für unsere Klienten neben aller fachlichen Kompetenz besonders wichtig.“
Sunci Matijanic, Künstlerin
„Kunsttherapie bietet viele Möglichkeiten, etwas auszudrücken“, erklärt Sunci Matijanic. Wo Worte fehlen, helfen Pinsel und Farbe, üppige Schwünge über die Leinwand oder die Auseinandersetzung mit sprichwörtlich harten Brocken als Steinklötze, die in Bildhauerkursen eine neue Form bekommen. In den Kursen des Offenen Ateliers, so erzählt die gebürtige Kroatin, deren Vorname wörtlich übersetzt „kleine Sonne“ bedeutet, geht es nicht um einen Leistungsnachweis. „Das ist hier ein magischer Ort“, verweist sie auf das grün-blühende Drumherum in bergischer Idylle. „Man muss nicht immerzu Interpretationen finden“, sagt sie über den künstlerischen Prozess. „Aber während dessen ist man immer in Kontakt mit sich selber, dieser Prozess hat etwas Heilsames.“ Grenzen des Gelingens, des Versagens und Glücksmomente, etwas geschafft zu haben, gibt es ebenso. „Nichts muss, aber in der Auseinandersetzung mit sich selbst kommen oft überraschende Effekte zum Vorschein“, das sei besonders in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wichtig. Groß ist ihre Erfahrung in diesem Bereich, denn 14 Jahre hat die Heilpädagogin und Kunsttherapeutin mit verhaltensauffälligen und traumatisierten Kindern zusammen gearbeitet. Und gerade bei ihnen sind künstlerische Mittel als Ersatz für Sprache und Ergänzung zu Unsagbarem wichtig.
Deshalb wird jetzt am Diakonissenweg unter Sunci Matijanics Leitung ein Ferienkursprojekt mit unbegleiteten Flüchtlingen angeboten. Vor etwa sechs Monaten wurde für acht junge Männer im Alter zwischen 15 und 17 Jahren bereits ein Haus renoviert und so fertig gemacht, dass es als Unterkunft taugt. Erstmal ging es für die inhomogene Gruppe ums Ankommen, um Beschulung, Sprachkurse, eventuelle Familienzusammenführungen — und die psycho-soziale Diagnostik.
Mit „Händen und Füßen“ hat die Künstlerin versucht, mit den Jungs in Kontakt zu kommen. Und in ersten Bildwelten haben die Flüchtlinge Familienbilder mit gebrochenen Herzen oder Landschaftsskizzen mit Tränen gezeichnet. Im Sommerkurs sollen weitere Kreativ-Termine folgen. „Wir wollen nicht nur malen, sondern körperlich in Arbeit kommen.“ Dazu ist die künstlerische Auseinandersetzung mit Porenbetonsteinen, gemeinhin Ytong genannt, vorgesehen. „Daran kann man sich richtig austoben“, weiß sie über die Auseinandersetzung mit dem besonderen Material.
Denn nach Dienstschluss ist die Frau, die „zwar gerne für andere da ist, aber sicher kein Helfersyndrom hat“, selbst „malend, werkelnd und nähend“ aktiv.
„Am liebsten nachts, nicht regelmäßig“, aber leidenschaftlich. „Sie ist eine exzellente Künstlerin“, urteilt Kollege Manuel Rohde, „das würde sie selbst nie von sich sagen, dazu ist sie zu bescheiden“. Und verweist auf steinbildnerische Arbeiten. „Die ergäben eine schöne Ausstellung“, sagt Rohde.