Lukrafka hält Foto für fehl am Platz
Bürgermeister hat das Bild einer Gymnasiastin zum Thema „Grenzfälle“ nicht zur Ausstellung im Rathaus zugelassen.
Im Musical „Grenzfälle“ der Musik- und Kunstschule wird heiter bis bissig das Geflecht nachbarschaftlicher Beziehungen aufs Korn genommen. Das Singspiel bot für die Velberter Institution auch den Anlass, mit Velberter Schulen zum Thema „Grenzfälle“ zu arbeiten.
So sollten jüngst Schüler der Jahrgangsstufe 11 des Nikolaus-Ehlen-Gymnasiums im von Kunstlehrerin Katharina Köster geleiteten Projekt fotografisch Um- und Tabubrüche an der Grenze von der Kindheit zum Erwachsensein in Szene setzen. Zwölf 50 mal 70 Zentimeter große Exponate waren am Ende reif für die Ausstellung „Grenzfälle 2.0“ im Rathaus. Doch bei der feierlichen Eröffnung der Schau hing das Bild von Aline Dahm nicht mehr an der Wand.
Das Foto, das zwei sich mit Bierflaschen zuprostende Jugendliche auf einem Kinderspielplatz zeigt, sei auf Wunsch von Bürgermeister Dirk Lukrafka abgehängt worden, erfuhr die 16-Jährige von Katharina Köster und Schulleiter Michael Anger.
„Das war der erste Kontakt für meine Tochter mit Politik und dann gleich so ein Schlag ins Gesicht“, sagt Mutter Jutta Fischer. Es habe keinerlei Vorwarnung gegeben. Empört seien auch die Lehrerin und Mitschüler gewesen. Köster schrieb einen Brief an Lukrafka, indem sie den Bürgermeister aufforderte, die Fotografie wieder aufzuhängen. Die Schüler hatten mitunterschrieben.
„Ich finde das Bild zum Thema Jugendliche und Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit total gelungen“, sagt Fischer. Ihrer Enttäuschung machte sie in einem offenen Brief an den Verwaltungschef, die Ratsfraktionen und Medien Luft. Darin ist von „Zensur“ die Rede. Die Darstellung von zwei Mädchen, die im Herminghauspark Bier trinken, sei die Realität, ein lokaler Grenzfall.
„Das Foto zeigt etwas Verbotenes, eine Ordnungswidrigkeit und hätte auf dem Weg zum Jugendamt hängend für das Missverständnis gesorgt, dass wir als Stadt so etwas akzeptieren“, sagt der Bürgermeister der WZ. Das Rathaus sei keine Galerie, in der man sich bewusst mit Kunst auseinandersetze. Auf den Fluren dominiere der flüchtige Blick. Dass das Bild Teil einer Ausstellung sei, erschließe sich mangels Erklärung nicht jedem.
„Warum diese Argumentation nicht auch für die Aufnahmen zum Thema Magersucht oder Suizid gilt, erschließt sich mir nicht“, kontert Fischer. Auch im Hauptausschuss konnte Lukrafka mit seiner Sicht nicht alle überzeugen. „Kunst soll natürlich provozieren. Das Thema Grenzfälle löst doch geradezu die Erwartung grenzwertiger Szenen beim Betrachter aus“, sagt zum Beispiel Thorsten Hilgers (FDP).