Mineralientag in Wülfrath

Ein Industrie-, aber auch Naturerlebnis: Mehr als 200 interessierte Besucher fuhren in den Steinbruch Rohdenhaus.

Wülfrath. Der Bus holpert über die leidlich ausgebaute Strecke. Links unten ist der Sportplatz Rohdenhaus hinter dem Dickicht zu erkennen. Der große Aha-Effekt kommt kurz darauf, eine Kurve und zwei Schlaglöcher später. Das Staunen ist im vollen Bus deutlich hörbar - bei diesem Anblick kein Wunder.

Irgendwie majestätisch öffnet sich der Steinbruch Rohdenhaus, an dessen tiefster Stelle smaragdgrün ein kleiner Teich schimmert. "Warum das wie in der Karibik aussieht, werden wir auch noch erklären", sagt Rainer Westermann, Bergbau-Ingenieur.

Er zählt zu den Rheinkalk-Experten, die zum europäischen Minerals Day mehr als 200 interessierte Besucher - vom Kindergartenkind bis zum Rentner - in den Steinbruch des größten Kalkwerks in Europa begleiten.

Ein Industrie-, aber auch Naturerlebnis: Der Steinbruch Rohdenhaus gewährt beides. Aufgeschlossen wurde er bereits 1903. Doch erst in den 50-er Jahren wurde dort im großen Stil abgebaut. In diesem älteren Bereich hat sich die Natur die schroffen Steilwände längst zurückerobert. "Das ist doch Sommerflieder", wirft ein Mittfünziger ein. Westermann nickt:

"Dieser Flieder liebt Kalkboden." Was auch für die Birke gilt, die überall an den Hängen zu entdecken ist. Dass es unterschiedliche Mineralien sind, die dem Gewässer am Fuß des Bruchs die karibische Färbung geben, sagt Geologe Markus Oehmen, der kurz und verständlich skizziert, wie Kalkstein entsteht - vom Riff zum Industrieprodukt in wenigen Minuten.

Im Hintergrund plätschert etwas 50 Meter über Grund Wasser aus der Wand. Rund acht Millionen Kubikmeter Wasser werden pro Jahr aus dem Bruch gepumpt, "fünf Millionen davon gehen in die Anger", sagt Westermann. Der Rest verbleibt im Werk - zum Beispiel zur Wäsche des Kalksteins.

Vorbei am Vorbrecher ("Der ist hoch wie ein achtstöckiges Gebäude"), dem Parkplatz für Schwerlastkraftwagen (SKW), Betriebstankstelle ("Ein SKW braucht 40 bis 50 Liter Diesel pro Stunde") und dem Sozialgebäude ("Damit man nicht in jeder Pause aus dem Bruch fahren muss") geht es in den Bereich des Bruchs, in dem aktiv abgebaut wird - 160 Meter tief, 30 Meter über Null. "Und hier geht es im Endstadium doppelt so tief runter", kündigt Westermann an. Eine kaum vorstellbare Dimension. Rheinkalk hat an diesem Tiefstpunkt SKW, Radlader und Co ausgestellt.

Die Kalk-Ausflügler zücken Kameras, halten auf die haushohen Fahrzeuge. Auch Hedda Brauer. Die Fotografin, die Jahrzehnte unter anderem für die VHS Hobby-Fotografen den richtigen Blick und die rechte Technik vermittelte, macht’s nicht anders.

"Früher konnte man wie selbstverständlich in den Brüchen fotografieren", schwärmt die heute 70-Jährige. Diese Termine sind nach dem Tod eines Mineraleinsammlers im vergangenen Jahr nicht mehr möglich. Daher ist sie auf diesem Weg auf der Suche nach neuen Motiven. "Ich würde gerne noch einmal eine Ausstellung zum Thema Kalk machen", verrät sie. Eine schöne Idee, wirklich...