Missbrauchs-Prozess: Tochter widerruft Vorwürfe gegen Vater
Im Verfahren gegen einen Velberter (52) sagte das Opfer am Montag aus, es habe die jahrelangen sexuellen Übergriffe erfunden. Das Gericht will weitere Zeugen hören.
Velbert/Wuppertal. Eklat im Landgericht Wuppertal: Nach vier Jahren Strafverfahren gegen einen 52-jährigen Velberter wegen sexuellen Missbrauchs an seiner Tochter hat die heute 18-Jährige im Zeugenstand alle Vorwürfe zurückgenommen. Der Bundesgerichtshof hatte ein früheres Urteil des Landgerichts gegen den Angeklagten aufgrund eines Verfahrensfehlers aufgehoben. Der kaufmännische Angestellte sollte wegen jahrelangen Missbrauchs für vier Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.
Laut Anklage soll der 52-Jährige seine Tochter vier Jahre lang ab Mitte 2004 im Wohnzimmer und bei Ausflügen missbraucht haben. „Sie hat gesagt: ,Nichts davon ist wahr. Die Vorwürfe gegen meinen Vater sind erfunden. Ich wollte aus der Familie rauskommen’“, fasste der Vorsitzende Richter der 3. Großen Strafkammer am Montag die Vernehmung zusammen. Für die Aussage der 18-Jährigen hatte das Gericht die Öffentlichkeit ausgeschlossen, um die Zeugin während der Befragung zu sexuellen Handlungen zu schützen. Ausdrücklich aufrechterhalten habe die 18-Jährige die Missbrauchsvorwürfe gegen einen Bruder des Angeklagten, der sich in einem gesonderten Strafverfahren verantworten musste, fügte der Richter hinzu.
Durch die Änderung ihrer Aussage muss die Tochter selbst mit einem Strafverfahren rechnen. Sie verließ unter Tränen den Gerichtssaal. Welche Variante richtig ist, wird das Gericht festzustellen haben. Das setzte am Montag die Beweisaufnahme fort. „Diese Verzweiflung kann man nicht spielen“, sagte eine 46-jährige Velberterin im Zeugenstand. Als Mutter der besten Freundin der jetzt 18-Jährigen habe sie als erste Erwachsene von den Vorwürfen erfahren: „Ich wusste nicht, was ich machen sollte.“
Sie habe von einer Freundin Rat geholt, schließlich die Polizei benachrichtigt. Die Tochter des Angeklagten habe in der Folgezeit bei ihr gewohnt, bevor sie erst in ein Heim und dann wieder zu ihrer Familie gezogen sei.
„Wenn sie über den Missbrauch gesprochen hat, hat sie nie einen Unterschied zwischen ihrem Vater und ihrem Onkel gemacht. Das ging wohl gleichzeitig“, sagte die Zeugin. Das Mädchen habe berichtet, Geld und Geschenke für ihre sexuellen Handlungen erhalten zu haben. Sie habe sich erstaunt gezeigt, dass Kinder und Erwachsene in ihrer Pflegefamilie keinen sexuellen Umgang hatten.
Der 52-Jährige schwieg zu den Vorwürfen. Nur zu seiner Ausbildung und seinem Lebenslauf machte er Angaben. „Ich habe der Akte entnommen, dass die Wohnung sehr beengt war, dass es kein Kinderzimmer gab“, hielt ihm der Vorsitzende Richter vor. Der Anwalt des Angeklagten blockte ab: Zu den Wohnverhältnissen mache sein Mandant keine Angaben.
Der Prozess wird fortgesetzt.