Naturbühne Ratingen: Zweite Karriere als „Pol-Ente“
Ratinger Vorschulkinder gestalten das wichtigste Requisit beim Schauspiel „Räuber Hotzenplotz“ – ein Citroen 2 CV.
Ratingen. Ungeduldig warten die 17 Vorschulkinder des Herz-Jesu-Kindergarten in Ratingen-Ost auf die Lackfarbe. Sie können es kaum erwarten, den noch roten Citroen 2 CV - Spitzname "Ente" - in eine kunterbunte "Pol-Ente" zu verwandeln.
Als Dankeschön erhält der gesamte Kindergarten Freikarten für eine Vorstellung. Denn das Auto spielt eine wichtige Rolle im Theaterstück "Neues vom Räuber Hotzenplotz", das das Wittener Theater Concept ab dem 8. Juni auf der Naturbühne Blauer See aufführt: Es handelt sich um das Dienstfahrzeug von Oberwachtmeister Dimpfelmoser, dem Gegenspieler des Räubers Hotzenplotz.
"Will keiner Grün?", fragt Nicolai Heinle erstaunt. Normalerweise macht der 31-Jährige die Pressearbeit für das Wittener Theater Concept, jetzt muss er dafür sorgen, dass die drängelnden Kinder mit Farbe versorgt werden. Die wollen endlich ihre Lackierrolle schwingen und haben offenbar alle ähnliche Farbvorlieben.
Auch Heinle wundert sich: "Wieso wollt ihr denn alle Orange?" Noch ehe das unbeliebte Grün verteilt ist, machen sich die ersten schon ans Werk, im Handumdrehen ist die Motorhaube blau, die Türen leuchten rot und gelb.
Vorgaben gibt es nicht. "Hauptsache, das Auto wird ordentlich bunt und es geht nicht zu anarchisch zu", sagt Heinle und schmunzelt. Jetzt fehlen eigentlich nur der Schriftzug "Pol-Ente" und das Motiv für die Motorhaube - denn jedes Kind hat sich im Vorfeld nicht nur mit dem Thema Polizei auseinander gesetzt, sondern auch bereits eine Ente auf dem Papier farblich gestaltet.
Doch Moritz, der Designer der erwählten Zierde für die Motorhaube - eine Ampel -, ist nicht da. "Er ist noch zu jung für die Vorschule und hat sich einfach ein Blatt geschnappt", erklärt Erzieherin Andrea Mackenthun.
Für besonders begabte Maler halten sich alle Kinder, also wird kurzerhand Vanessa als Siegerin des Malwettbewerbs mit der "Spezialaufgabe" Ampel betraut. Doch damit muss sie noch warten, zunächst muss die erste Lackschicht trocknen.
Theaterchef und Regisseur Ralph Reiniger ist mittlerweile dazugestoßen und schon vom vorläufigen Ergebnis begeistert: "Das ist ja super geworden. So sollten alle Polizeiautos aussehen." Wie jeder männliche Neuankömmling wird auch er mit der Frage begrüßt: "Bist Du der Räuber Hotzenplotz?", was Reiniger zur Enttäuschung der Kinder verneint.
Wie auf Zuruf biegt Marcus Jakovljevic alias Räuber Hotzenplotz um die Ecke. Mit seinem etwas struppigen Rauschebart nimmt man ihm die Rolle auch ohne Verkleidung ab. Ralph Reiniger warnt noch: "Da kommt der Räuber Hotzenplotz. Kinder, Ihr müsst vorsichtig sein. Versteckt Eure Butterbrote. Der klaut Euch alles."
Doch Angst und Schrecken verbreitet Jakovljevic, zumindest an diesem Tag, nicht - binnen Sekunden umringt ihn eine Traube Kinder. Ein Junge droht: "Ich werde später mal Polizist." Ein anderer neckt: "Fang mich doch." Aber der Räuber Hotzenplotz lächelt nur milde. Nachdem er dann auch die letzten Befürchtungen zerstreut hat, er werde eventuell doch ein Kind fangen, macht er sich für die tägliche Probe bereit.
Für die Kinder endet kurze Zeit später ein abwechslungsreicher Vormittag - für die Ente beginnt eine zweite Karriere am Theater.
