Ratingen: Stammtisch mit Niveau

Bühne: Jürgen von der Lippe ist nach 30 Jahren Bühne nicht langweilig geworden, höchstens besser.

Ratingen. "Ja, der ist auch alt geworden" - angeblich hört Jürgen von der Lippe das immer öfter. Dass er nach 30 Jahren auf deutschen Kleinkunstbühnen aber noch immer alles andere als alt aussieht, davon konnten die Ratinger sich am Mittwochabend in der ausverkauften Stadthalle überzeugen. Mit dem aktuellen Programm "Das Beste aus 30 Jahren" feierte sich der als Hans-Jürgen Dohrenkamp geborene Komiker kräftig selber.

Allerdings hat er dazu auch allen Grund. Denn seit er 1976 zusammen mit Hans Werner Olm die Band "Gebrüder Blattschuss" gründete, hat er eine geradezu traumhafte Karriere hingelegt. Immerhin schuf er sich mit Kultsendungen wie "So isses" oder "Wat is?" kurzerhand seine eigene Nische in der Medienlandschaft, ehe er mit "Geld oder Liebe?" die ganze TV-Nation eroberte.

Von der Lippe ist also ganz oben angekommen und das bringt Privilegien mit sich: "Ich kann zum Beispiel alles sagen, was ich will." Sprach’s und erging sich gleich zur Begrüßung in einem nicht enden wollenden Schwall von wunderbaren Unkorrektheiten. Beispiel gefällig? Besonders aufdringlichen und vermeintlich witzigen Fans weiß er sich schlagfertig zu erwehren: "Die rufen dann: ,Ey Lippe, wie geht’s Deiner Frau und meinen Kindern?’ Ich sag dann nur: Der Frau geht’s gut, aber die Kinder sind ein bisschen doof."

Wer befürchtete, das würde nun den ganzen Abend so weiter gehen, der kennt von der Lippe schlecht. Zumal er an diesem Abend ja aus dem gewaltigen Materialfundus aussuchen konnte, den er in den Jahren angehäuft hat. Seine Stärke ist es, immer wieder ganz nah ran zu gehen und das zu sagen, was eigentlich alle denken, etwa über bekloppte Sportarten wie Triathlon: "Wenn ich in einen Teich springe, woher weiß ich denn, ob auf der anderen Seite ein Fahrrad steht?!" Neben den vielen Momenten nach dem Motto "Stammtisch mit Niveau", für die er als kumpelhafter Typ geliebt wird, imitierte er überzeugend seine Kollegen Helge Schneider und Herbert Knebel, spielte kleine, teils absurde Sketche mit sich selbst als Partner und schmettert zur besonderen Begeisterung des Publikums sogar seine alten Nonsenshits - an diesem Abend jedenfalls war definitiv nicht "der Wurm drin".