Neviges Restauratoren verarzten Figuren

Neviges. · Die bei Pilgern sehr beliebten Heiligenskulpturen in der Unterkirche des Mariendoms werden aufgefrischt.

Die Figurengruppe „Das Sterben des Heiligen Josef“ in der Unterkirche des Doms wird restauriert. Vorsichtig streicht Olga Bugan mit einem Wattebausch über die Stirn der Christusfigur.

Foto: Ulrich Bangert

Jesus legt schützend die Hand hinter dem Kopf seines schwach gewordenen irdischen Vaters, die Gottesmutter Maria kniet betend daneben. Sanft streift Olga Bugan mit einem dicken Wattebausch Christus über die Stirn. Die Fasern sind mit einem Lösungsmittel getränkt, die vorsichtig den Staub und Schmutz der vergangenen Jahre aus dem Gesicht des Erlösers nehmen. Die überlebensgroße Darstellung vom Sterben des Heiligen Josefs wird in diesen Tagen restauriert. Alle Skulpturen in der Unterkirche des Mariendoms erhalten jetzt eine Auffrischung.

„Die Figuren werden von Besuchern ganz oft berührt, sie suchen den Kontakt, einige klettern förmlich von allen Seiten hinein“, weiß Bruder Dietmar Brüggemann. „Das ist auch in Ordnung so, das ist für viele Leute ein erheblicher Teil der Faszination der Wallfahrt. Die Heiligenfiguren sind keine Museumsstücke, sondern sie sollen den Menschen in ihrer Not den Himmel berührbar machen.“ Die Restaurierung soll die Figuren nicht so behandeln, dass sie am Ende wie neu erscheinen. Auch einer restaurierten Figur soll man durchaus ihr Alter und ihre Geschichte ansehen, ihre Brüche und Risse sollen erkennbar bleiben. Restaurieren heißt sichern. Eine Figur soll so, wie sie jetzt ist, für die Zukunft erhalten bleiben, damit auch künftig die Pilger und Besucher des Domes sich an ihnen erfreuen und erbauen können“, wünscht sich der Franziskanerpater. „Zu den Schäden kamen Ruß von Kerzen und Heizung sowie ein Schimmelbefall hinzu, den wir so nicht erwarten hatten“, sagt der Wallfahrtsleiter.

Das Figuren-Trio ist im so genannten Nazarener Stil gehalten, eine romantisch-religiöse Kunstrichtung, die sich zu Beginn den 19. Jahrhunderts in Italien und Deutschland entwickelte und dem Katholizismus nahe stand. „Früher befanden sich die Skulpturen im einer kleinen Josefskapelle am Eingang der ehemaligen Wallfahrtskirche“, berichtet Bruder Dietmar. „Eine direkte Beziehung zur Bibel besteht nicht, da wird nicht über das Sterben von Josef berichtet. Es handelt sich hier um eine fromme Anmutung.“

Ähnlich wie Menschen bekommen Heiligenfiguren ihre Wehwehchen. Dann kommt kein Doktor, sonder eine Diplom-Restauratorin einer Düsseldorfer Fachfirma. „Wir gehen bei unserer Arbeit wie ein Arzt vor“, beschreibt die aus der Republik Moldavien stammende Fachfrau für behandlungsbedürftige Kunst. Um jede Falte exakt auszuleuchten, trägt sie einem Bergmann gleich eine Stirnlampe. „Wir schauen weniger auf die Bedeutung der Figuren, sondern auf die Schäden und gehen wie ein Arzt der Anatomie entsprechend vor. Das „Operationsbesteck“ und die „Medikamente“ in Form von Fläschchen und Farbtiegeln stehen auf einem Tisch griffbereit. Neben der Reinigung der Oberfläche werden defekte Stellen ausgebessert. „Hier ist mal falsch restauriert worden“, zeigt Olga Bugan auf abgeplatzte Farbe, die behutsam in kleinen Schritten retuschiert wird, so dass man hinterher nichts mehr sieht. Der alte und der neue Anstrich erhalten zum Schluss eine Oberflächenbehandlung mit Warmleim. Schlimm hat es die Figur des auferstandenen Christus erwischt: Ein Arm ist gebrochen und wird mit einer Schiene stabilisiert. Jesus an der Geiselsäule konnte vor Ort nicht behandelt werden, er wurde zur Restaurierung in die Werkstatt gebracht. „Das ist schon ein kostspieliges Unterfangen, dass uns einen fünfstelligen Betrag kosten wird. Ein Teil der Kosten wird vom Erzbistum übernommen, aber Spenden sind willkommen, das würde uns sehr entlasten“, sagt Bruder Dietmar Brüggemann.