Rathaussturm wird zur Schwerstarbeit
Die Tollitäten und ihr Gefolge kamen richtig ans Arbeiten, um an den Schlüssel für das Rathaus zu gelangen.
Velbert. Während in den närrischen Hochburgen bereits um 11.11 Uhr die Rathäuser gestürmt wurden, lassen sich die Velberter Narren bis zum Nachmittag damit Zeit - aber dafür geht es umso heftiger zu. Die Bediensteten haben sich gut vorbereitet: Im Foyer des altehrwürdigen Rathauses ist das erste Bierfass angestochen und der Inhalt auf Geschmack geprüft.
Aus Lautsprechern schallen Lieder, in denen man den Dom in Köln lassen möchte. Gebützt wird noch nicht, dafür erscheinen immer mehr Piraten, Indianer, Hippies, Priester und andere Gestalten, die schunkelnd zusammenstehen. Charlie Chaplin ist gleich im Dutzend vertreten. Die Stimmung steigt sofort, als Marco Kümmel, der Präsident des Festausschusses Velberter Karneval, den Einzug der Tollitäten ankündigt. Das Kinderprinzenpaar Jamari I. und Lia I. sowie Prinz Frank II. und ihre Lieblichkeit Steffi I. ziehen mit großem Gefolge ein.
Fehlt nur der Hausherr: Bürgermeister Dirk Lukrafka sieht stark nach Arbeit aus. Im Blaumann und mit Bauarbeiterhelm bahnt sich der Polier den Weg über die Treppe, im Schlepptau seine Handlanger, die Schilder mit vergangenen und künftigen Baustellen der Stadt vor sich hertragen: Sportzentrum, Bürgerhaus Langenberg, Schloss Hardenberg, ZOB, Offerplatz und Stadtgalerie. „Überall ist Not am Mann, drum packen wir selber an“, begründet der Bürgermeister seine Verkleidung.
Da müssen auch die Narrenoberhäupter mit ran, wenn sie den Schlüssel zum Rathaus haben wollen. „Boller“ wird der Prinz genannt, deshalb muss es doch ein Leichtes für Frank II. sein, den Startschuss für den Abriss des alten Marktzentrums auszuführen. Also wird dem Fan von Borussia Mönchengladbach ein Fußball bereit gelegt. Er donnert den Ball gegen ein kleines Fußballtor und reißt dabei ein Poster des zum Abbruch bestimmten Einkaufszentrums ein.
Die zweite Aufgabe muss Steffi erfüllen. „In dieser Kiste Sand sind drei Schlüssel versteckt, für jeden Velberter Stadtteil einer. Erst wenn die gefunden sind, gibt es den Schlüssel fürs Rathaus“, so der Bürgermeister. Flink durchwühlen zarte Prinzessinenhände den körnigen Sand, lächelnd hält sie dem Bürgermeister drei kleine Schlüssel entgegen. Unter großem Jubel präsentiert das jecke Oberhaupt seinem Volk den begehrten großen Stadtschlüssel: „Den Schlüssel hab ich schon, wisst Ihr wat, ich sag jetzt gar nichts mehr.“ An dem höchsten rheinischen Frauenfeiertag gibt er das Wort an seine Prinzessin weiter, die gleichzeitig seine Ehefrau ist. Doch die ist leicht lädiert: „Ich muss meine Stimme schonen“, krächzt sie ins Mikrofon, dass sie so dann ihrem Prinzen reicht.
Der wird noch einmal richtig amtlich und verteilt Orden an wackere Narren aus den Reihen des Rathauses, die den gelungenen Einstieg in den Höhepunkt des Velberter Karnevals erst möglich machten. Der mit voller Macht ausgestattete Prinz Karneval dreht richtig auf, fordert seine närrischen Untertanen auf, an den Karnevalsumzügen teil zunehmen. „Lasst es richtig krachen, reißt die Hütte ab!“ so sein Appell, der musikalisch unterstützt wird: „Jetzt geht es los, wir sind nicht mehr aufzuhalten.“