Ratingen: Das Zentrum ist für Taxis tabu

Auch Gehbehinderte dürfen sich nicht durch die Fußgängerzone fahren lassen. Einzige Ausnahme: ein Arztbesuch mit Attest.

Ratingen. Man sieht sie immer wieder in der Fußgängerzone, obwohl sie da eigentlich gar nichts zu suchen haben: Taxis. Oder dürfen die Droschken unter bestimmten Umständen doch in den für Fußgänger vorbehaltenen Bereich einfahren - etwa um Gehbehinderte zu bringen oder abzuholen? Davon ging auch Ludwig Greif (Name geändert) aus. Der 76-jährige Rentner war kürzlich in einem Café in der Innenstadt, als er ein dringendes Bedürfnis verspürte. Da die Café-Toiletten im Keller für den Gehbehinderten nicht zugänglich waren, rief er ein Taxi, um schnell nach Hause zu kommen.

Doch aus dem "schnell" wurde nichts: Die Taxizentrale lehnte die Fahrt direkt vors Café ab - wegen "fetter Bußgelder". Da half Ludwig Greif auch der Hinweis auf seinen Schwerbehindertenausweis nichts. Viel Zeit ging verloren, was sich für Ludwig Greif mit einem bösen Malheur rächte. "Das ist mir noch nie in meinem Leben passiert, das war mir so peinlich."

Wenn spätabends Taxifahrer Gäste an Kneipen und Gaststätten abholen, gehe es doch auch. "Wie passt das zusammen", fragt sich Greif jetzt. Es passt gar nicht zusammen. "Dem Taxifahrer kann man keine Vorwürfe machen", erklärt Barbara Arndt, Leiterin des Ordnungsamtes. Der Hinweis auf das Bußgeld sei zutreffend. Denn es gebe eigentlich nur einen Grund, mit dem ein Taxi die Fußgängerzone befahren darf: Wenn es einen außergewöhnlich Gehbehinderten zum Arzt fährt. Dem Taxifahrer müsste dann ein Attest gezeigt werden.

Die Taxiordnung hat sich nicht das Ratinger Ordnungsamt ausgedacht, sie wird vielmehr von der Taxenaufsicht des Kreises ausgegeben. Laut Arndt ist es ein Irrtum, dass ein Schwerbehindertenausweis quasi automatisch das Recht gebe, mit einem Taxi auch die Fußgängerzone zu befahren. Arndt: "Nur mit den Zusätzen AG für außergewöhnliche Gehbehinderung und BL für Blinde ist das erlaubt." Alles andere zählt nicht für eine Ausnahme von der Regel. Und für den AG-Zusatz haben die Behörden hohe Hürden gesetzt: Als außergewöhnlich gehbehindert gilt, wer keine zehn Minuten zu Fuß gehen kann - auch mit Unterbrechungen.

In diesem Einzelfall ist das sicher sehr bedauerlich", räumte Arndt ein. Die Ordnungsamtsleiterin bemängelt zudem die Situation in vielen Cafés in der Ratinger Innenstadt. "Das findet man öfter, dass Toiletten im Untergeschoss untergebracht sind. Das sind häufig Altbauten. Gehbehinderte haben dann ein Problem."

Dagegen hat sie kein Verständnis dafür, wenn spätabends oder nachts Gaststättenbesucher sich quasi vor der Kneipentür vom Taxi abholen lassen. Abgesehen von der verbotenen Einfahrt würden laufende Motoren und zugeschlagene Türen die Nachtruhe der Anwohner stören. "Dass es grundsätzlich auch ohne jegliche Ausnahme geht, zeigt sich in Kurorten: Da fährt kein in der Fußgängerzone."

"Unsere Fahrer wissen, dass die Fußgängerzone bis auf ganz wenig Ausnahmen tabu ist." Günther Rosenstock, Geschäftsführer der Funk Taxi Union weiß, dass nur Fahrten zum Arzt erlaubt sind. Auch ein schwerst Gehbehinderter dürfe nicht in die Kneipe kutschiert werden. Natürlich kennt Rosenstock seine Pappenheimer, die für ein erhöhtes Trinkgeld die Kundschaft auch mal auf verbotenem Terrain abholen. "Das Bußgeld müssen die Fahrer dann selbst bezahlen. Aber: Wo kein Kläger, da ist auch kein Richter."