Ratinger Familienoffensive
MehrGeld: Nach einem Vorschlag der Stadtverwaltung sollen Tagesmütter in Ratingen künftig mehr verdienen als bisher und Geringverdiener nichts bezahlen müssen.
Ratingen. Der Plan, Kindergartenplätze für alle Eltern beitragsfrei zu stellen, ist zumindest vorläufig an SPD und CDU im Stadtrat gescheitert. Nun versucht Bürgermeister Harald Birkenkamp es mit einer anderen Wohltat für Familien in Ratingen. Er will, dass Tagesmütter deutlich besser bezahlt werden. Außerdem sollen Familien mit einem Jahreseinkommen von nicht mehr als 24542 Euro überhaupt nichts bezahlen müssen, wenn sie ein unter drei Jahre altes Kind in die Betreuung geben. So steht es in der Beschlussvorlage, die seit Mittwoch auf dem Weg durch die politischen Instanzen ist.
Nach Berechnungen der Kämmerei kämen auf die Stadt Mehrkosten von 100 000 Euro im Jahr zu - eine Zusatzausgabe, die sich rentiert. Davon ist Birkenkamp überzeugt. Ziel ist, bis 2013 mindestens 160 Plätze, also 30 Prozent des Bedarfs insgesamt, über private Betreuung abzudecken. Aus diesem Grund und weil es die Stadt sehr wahrscheinlich weniger kostet, will er Tagesmütter in Ratingen auch deutlich besser bezahlt sehen.
Seit deren Einnahmen steuerpflichtig sind, lohnt sich diese Arbeit kaum noch. Darunter leiden die Frauen, die Kinder tagsüber beaufsichtigen. Und die Stadt leidet mit. "In dieser Frage stehen wir unter Druck", sagt Birkenkamp. Städtische U-3-Plätze sind rar und sie kosten ungleich mehr als das, was die Stadt pro Stunde und Kind an die Tagesmütter bezahlt. Derzeit sind das bis zu 2,48 Euro. Wenn Birkenkamp im Rat eine Mehrheit findet, steigt dieser Betrag auf bis zu 4,40 Euro. "Diese Summe gilt für die Tagesmütter mit der bestmöglichen Qualifikation", sagt der Bürgermeister. Für die anderen soll der Stundensatz immerhin noch auf drei Euro angehoben werden.
Im Klartext bedeutet das möglicherweise, dass Tagesmütter in Ratingen ab 1. August bis zu 858 Euro pro Monat und betreutem Kind einnehmen können. Bisher sind es höchstens 430 Euro. Diese Betrag müsste ohnehin erhöht werden, wenn Ratingen den Anforderungen des Kinderförderungsgesetzes genügen will, allerdings nicht so deutlich, wie Birkenkamp es vorschlägt.
Auch die Eltern sollen von der Ratinger Familienoffensive profitieren. Zunächst jedoch nur die, die zu den Geringverdienern gehören. Sie sollen, wie bei den Kindergartenbeiträgen bereits beschlossen, auch für die Tagespflege ihrer unter drei Jahre alten Kinder befreit werden, egal, wie viele Kinder das sind. Für alle übrigen staffeln sich die Beiträge je nach Einkommen und wöchentlicher Betreuungsdauer von 33 bis 398 Euro.
Das könnte sich ändern, wenn der Stadtrat sich, wie von Bürger Union und Verwaltung vorgeschlagen, doch noch dazu durchringt, die Kindergartenbeiträge abzuschaffen. Dann wären voraussichtlich auch die Gebühren für Tagespflege und U3-Betreuung hinfällig. Bisher ist für die generelle Beitragsfreiheit von Kindergartenplätzen in Ratingen jedoch keine politische Mehrheit in Sicht.
"Dass der Rat die Abschaffung der Kindergartenbeiträge abgelehnt hat, verstehe ich immer noch nicht", sagte Birkenkamp der Westdeutschen Zeitung gestern. Er könne den Einwand von SPD-Fraktionschef Christian Wiglow einfach nicht nachvollziehen. "Die Stadt Ratingen ist berechtigt, ihre Ausgleichsrücklage anzugreifen, wenn die Einnahmen die Ausgaben nicht decken", erklärte Birkenkamp noch einmal. Daran gebe es keinen Zweifel. "Wenn eine Stadt im Haushaltssicherungs-Konzept ist, dann ist das etwas anderes. Aber das ist Ratingen ja nicht."