Ritsche verhängt Haushaltssperre
Eine unerwartete Gewerbesteuerrückzahlung reißt ein Millionenloch in die Finanzplanung 2015.
Das Unheil nahm mit einer Großbetriebsprüfung des Finanzamtes seinen Lauf. Das verblüffende Ergebnis: Ein großes Wülfrather Unternehmen hat für 2004 deutlich zu viel Gewerbesteuer gezahlt. Die Rückzahlung, die jetzt fällig wird, reißt ein Loch in den aktuellen Wülfrather Haushalt, das Kämmerer Rainer Ritsche nicht stopfen kann.
In der Folge verhängte er gestern in Abstimmung mit Bürgermeisterin Claudia Panke eine allgemeine Haushaltssperre für die Stadtfinanzen. Doch selbst mit dieser Maßnahme ist das angestrebte Haushaltsergebnis für 2015 ernüchternd. Im besten Fall rechnet Ritsche mit einem Minus von 1,3 Millionen Euro zum Jahresende — Haushaltssperre schon einkalkuliert. „Wenn wir jetzt nicht eingreifen würden, wären wir bei 1,9 Millionen“, erklärt der Kämmerer. Eigentlich stand für 2015 ein Haushaltsdefizit von 338 000 Euro auf dem Papier.
Die eigentliche Steuerrückzahlung ist nicht einmal der entscheidende Faktor, das Übel sind die Erstattungszinsen von sechs Prozent pro Jahr. So hätte Ritsche zum Beispiel über Erträge gegensteuern können, die aus dem Verkauf der Grundstücke in Rohdenhaus resultierten und die noch nicht im Haushalt eingerechnet waren. „Die Zinsen kriege ich aber nicht weg — die sind der Genickschuss“, sagt der Beigeordnete.
Die Folgen sind für Verwaltung und Politik ungemütlich. Haushaltssperre, das heißt: Die Stadt darf nur noch für unabweisbare oder aus Rechtsgründen erforderliche Maßnahmen Geld ausgeben. Alles andere wird gestrichen, auch wenn es eigentlich vorgesehen war.
Beispiel Personal: So ist Ordnungsamtsleiter Marcus Kauke seit dem 1. August in Balve (Sauerland) tätig. Die Stelle wird jetzt nicht wie geplant zum nächstmöglichen Zeitpunkt besetzt.
Auch im Hochbau wird nicht alles wie geplant durchgezogen. Ritsche: „Wir haben dort für dieses Jahr 450 000 Euro an Aufwendungen eingeplant. Dort schauen wir uns jetzt jedes Projekt an.“ Doch dort, wo es beispielsweise um den Brandschutz geht, verbietet sich der Rotstift automatisch.
Den Sparzwang werden auch die Verwaltungsmitarbeiter spüren: Reisekosten, Fortbildungen, selbst ein neuer Schreibtisch — alles soll in Frage gestellt und auf 2016 verschoben werden. Ritsche betont, dass es keine Alternative gibt: „Das tut mir für die Mitarbeiter leid, aber das sind die rechtlichen Mechanismen, die jetzt greifen.“
Der Schlag kam heftig und unvermittelt. Rainer Ritsche berichtet: „Üblicherweise kommen die großen Steuerzahler auf uns zu, wenn sich etwas ändert.“ In diesem Fall sei die Firma, die aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht genannt wird, aber selbst vom Ergebnis der Betriebsprüfung überrascht worden. Das Finanzamt habe dabei den Geschäftserfolg für 2004 steuerrechtlich anders beurteilt, als zunächst angenommen.
Derzeit arbeitet die Stadt an dem Haushaltsentwurf für 2016, der im September eingebracht und bis zum Dezember vom Rat beschlossen werden soll. Anfang des Jahres hatte Wülfrath 67,7 Millionen Euro Schulden.