Gerno Böll tauscht die Rollen
Der einstige SPD-Fraktionschef ist jetzt im Rathaus der Mann für Sport, Bildung und Kultur.
2014 wollte Gerno Böll schon einmal ins Rathaus. Zu dieser Zeit noch als Bürgermeister für die SPD. Ein Jahr später ist Gegenkandidat Dirk Lukrafka (CDU) sein Chef und Böll Fachbereichsleiter für Bildung, Kultur und Sport in der Stadtverwaltung. Dass das die Fantasie der Velberter beflügelt, musste klar sein.
Zum 1. August startete Böll (bislang bekannt als Böll-Schlereth) in sein neues Amt. Gestern präsentierte Bürgermeister Lukrafka seinen neuen Mann offiziell der Presse — und stellte sich erneut hinter die Personalie: „Wir werben dafür, dass sich Menschen ehrenamtlich im Rat engagieren. Man darf ihnen daraus keinen Nachteil entstehen lassen.“
Der Vorwurf ging anders: Der 35-Jährige soll durch seine enge Zusammenarbeit mit der Verwaltung ein Vorteil entstanden sein. Das sagte jedenfalls eine Ex-Ratsfrau und Parteikollegin Bölls, die sich ebenfalls auf die Leitung Velberts größten Fachbereichs mit 180 Mitarbeitern beworben hatte.
Dass seine Arbeit als Ratsmitglied Böll eine gute Position beschafft hat, bestreitet der Bürgermeister gar nicht. Lukrafka: „Er kennt durch seine bisherige Arbeit die besonderen Merkmale Velberts im Kultur-, Bildungs- und Sportbereich.“ Zudem sei er fachlich von allen Bewerbern der mit der besten Qualifikation und Erfahrung gewesen.
Der dreifachstudierte Gerno Böll (Diplomstudiengänge Sozialarbeit und Sozialpädagogik sowie Masterstudiengang Soziale Arbeit) drängte für sich persönlich auf den beruflichen Wechsel. Bisher arbeitete er teils bei einer Beratungsstelle für geistig behinderte Menschen und teils als wissenschaftlicher Arbeiter bei SPD-Landtagsmitglied Volker Münchow — und saß als SPD-Fraktionschef im Rat. Böll: „Zuletzt habe ich bis zu 60 Stunden gearbeitet, war nur zum Schlafen zuhause.“
Wenig Arbeit wird auf den Vater von drei Kindern in seinem neuen Fachbereich auch nicht warten. Die Probleme der Velberter Schullandschaft, den Wandel bei den Kulturspielstätten und die Sanierung von Schulen und Sportplätzen — das sind alles jetzt Bölls Themen. Er tritt in die großen Fußstapfen von Ulrich Stahl, der 46 Jahre in den verschiedenen, jetzt zusammengeführten, Fachbereichen tätig war.
Und wie sahen die Genossen von der SPD den Wechsel? Böll lächelt kurz und sagt dann: „Rainer Hübinger hat mir natürlich gratuliert.“ Der rückte als SPD-Fraktionschef nach. Ansonsten war die Stimmung wohl unterkühlt. Böll: „Einige sind sicher auch froh, dass sie mich los sind.“
Die Zusammenarbeit sehr geschätzt hat die Stadtverwaltung. Lukrafka lobte den stets konstruktiven Austausch. Und dem SPD-Politiker fällt kein Thema ein, wo er mal mit der Stadtverwaltung angeeckt ist. Nichts, was er jetzt aus der neuen Position heraus direkt ändern möchte. „Wir waren ja immer in der Gestaltungsmehrheit“, erinnert Böll. Das Motto könnte heißen: Weiter auf gute Zusammenarbeit.