Verlorenen Friedhof zurückgeholt

Lot-Team hat in Lettland 190 jüdische Grabsteine wieder aufgestellt.

Foto: Georg Köstens

Der Verein Lot, dem der Wülfrather Pastor Klaus-Peter-Rex vorsteht, verdankt seinen Namen der biblischen Geschichte von der Rettung des Lot, des Neffen von Abraham, aus unhaltbaren Zuständen in Sodom. Indem er die Vergangenheit wieder sichtbar macht, bringt er manches wieder ins Lot, arbeitet gegen das Vergessen. In international besetzten Workcamps werden jeweils einmal pro Jahr verlorene jüdische Friedhöfe in Lettland so weit es geht wieder hergerichtet. Das jüngste Beispiel ist der jüdische Friedhof von Ventspils. Gerade erst sind Rex und 16 Wülfrather, darunter zehn Schüler, von ihrem zwölftägigen Einsatz in der westlettischen Hafenstadt zurückgekehrt. Wieder ist es der Gruppe mit Unterstützung von Österreichern und Letten gelungen, unhaltbare Zustände zu beseitigen.

„Das Camp war diesmal so besonders, weil eine jüdische Familie mit bei uns eingestiegen ist und uns bei den Arbeiten begleitet hat“, sagt Klaus-Peter Rex im Gespräch mit der WZ.

Gemeint ist die große Familie Sebba, die heute in Israel lebt, früher aber über Generationen in Ventspils, das knapp 190 Kilometer westlich von Riga liegt, zu Hause war. Vor vier Jahren hätten die Sebbas vergeblich mit der Verwaltung der 40 000-Einwohner-Stadt darüber verhandelt, den alten Friedhof mit seinen umgefallenen, zerbrochenen, überwucherten und zum Großteil von Erde und Moos bedeckten Grabsteinen wieder instandsetzen zu lassen. „Außer das Gras zu mähen, können wir nichts tun“, gibt Rex die Antwort der Stadt wieder. Doch die Sebbas ließen nicht locker, wandten sich an die jüdische Gemeinde in Riga. Dort erfuhren sie von Gita Umanowska: „Wenn überhaupt jemand helfen kann, dann ist es der Verein Lot.“

Nach einem Briefwechsel traf Rex in diesem Frühjahr die Sebbas in Israel und erfuhr, dass der Familienrat beschlossen hatte, seine Gruppe großzügig finanziell zu unterstützen. „So konnten wir für rund 3000 Euro einen zerlegbaren Kran kaufen, mit dem bis zu 1,5 Tonnen schwere Grabsteine wieder aufzurichten sind“, erklärt der Lot-Gründer.

Doch bevor es an diese Arbeit gehen konnte, mussten in Ventspils erst einmal Wege angelegt, das Gestrüpp gelichtet, die Fundstücke freigelegt, zugeordnet und dokumentiert werden.

„Das verlangt jedem Teilnehmer harte körperliche Arbeit ab“, sagt Rex. Doch das 19-köpfige Team sei abermals von einem starken Gemeinschaftsgefühl angetrieben worden. Rex: „Dabei lernen sich Leute kennen, die sich normalerweise nie begegnet wären.“ Eine Touristikmanagerin habe an der Seite von Sozialpädagogen, Tischlern und Schülern gegraben.

„Den 17- bis 18-Jährigen war wichtig, etwas für die Völkerverständigung zu tun. Und dafür haben sie große Anerkennung erhalten“, so der Camp-Leiter. Bei der Wiedereröffnungsfeier hätten die Jugendlichen Lironne Bar-Sadeh, die designierte israelische Botschafterin in Lettland, und fünf Mitglieder der jüdischen Familie vor laufenden Fernsehkameras zu neun Sebba-Grabstätten führen dürfen. „Die Familie selber wusste davor nur von vier“, freut sich der Initiator.