Satirischer Rückblick

So bunt ist auch nur Wülfrath: Das Projekt „Jeder Mensch braucht einen Stuhl“ brachte Alteingesessene mit Flüchtlingen aus aller Herren Länder in Kontakt. Gemeinsam wurden mit den Tipps des Künstlerpaares Claus Klingler und Elke Voß-Klingler aber nicht nur 17 Sitzgelegenheiten gestaltet.

Nein, auf diesen konnten die Gäste auch noch Platz nehmen, um in der guten Stube des Museums neben Deutsch auch noch das ABC der Bergischen Kaffeetafel zu lernen. Wundern Sie sich also nicht, wenn sie beim Bäcker einen Syrer treffen, der „Schwatbruad“ „oder „Krentensemel“ bestellt. Alles „Hakuna Matata“! Was für einen Afrikaner soviel wie „Kein Problem“ bedeutet. Die gleichnamige Gruppe hatten die Wülfrather ja auch noch beim „Koffendrenken“ für die Asylsuchenden trommeln lassen. Die Stühle gehen übrigens jetzt auf Tour. Bleibt zu hoffen, dass es ihnen nicht wie beim Spiel Reise nach Jerusalem ergeht und von Schauplatz zu Schauplatz ein Exemplar weniger da ist.

Da wir gerade beim Verschwinden sind. Auch die Brache an der Düsseler Straße, gleich neben dem goldenen Kindergarten-Türmchen im Hundertwasser-Stil ist bald Geschichte. Nein, das Luftschloss Düsseler Tor, das als schräger Zuckerbäckerbau die Landstraße überspannt, wird nicht doch noch verwirklicht. Den Plan hat längst der GWG-Reißwolf gefressen. Der krönende Abschluss für die Hundertwasser-Siedlung ist bodenständiger: Die Wohnungsbaugesellschaft zieht dort 23 Wohnungen in zwei Blocks hoch. Neun davon lassen sich bestimmt prima verkaufen, so Chef-Planer André Clasen, weil die Fassaden ja so schön bunt sind, ähnlich wie jene der Nachbarschaft. Die ein oder andere Wohnung hat sogar eine Loggia mit Rundbogen. Dazu noch ein paar unterschiedlich große Fenster — fertig ist das Hundertwasserhaus. Was wohl Friedensreich als erklärter Gegner der geraden Linie dazu gesagt hätte? In der Architektur ist’s eben wie in der Mode. Was passé ist, kann bald wieder angesagt sein. Schrille Fassaden gab es einen Steinwurf weit entfernt schon einmal. Rotdornweg und Kastanienallee nannte man in den 70ern aber Papageienviertel. HBA