Wülfrath Schäden nach Prellbock-Sprengung
Wülfrath. · „Mich ärgert, dass sich niemand zuständig fühlt.“ Hans Wolf und seine Familie wohnen in der Nähe des wegen einer entgleisten Lok gesprengten Prellbocks in Flandersbach. Die Familie besitzt dort mehrere Häuser.
Das vorderste, im Jahr 1892 erbaute Haus, wurde durch herumfliegende Trümmerteile erheblich beschädigt. Fünf Scheiben sind zu Bruch gegangen, eine Tür ebenso und die Fassade erinnert fast an einen Kriegsschauplatz. Wenigsten habe ein Dachdecker bereits festgestellt, dass es einige Durchschläge gegeben hat. Die Schadenssumme könne er noch nicht beziffern. „Uns ist völlig klar, dass der Einsatz zum Schutz der Umwelt stattfinden musste, aber es ist übel, was kaputtgemacht worden ist“, sagt Hans Wolf im Gespräch mit der WZ. Alleine 15 Bäume seien wegen der Sprengung zerstört worden. „Bäume, die mein Urgroßvater um die Jahrhundertwende gepflanzt hat.“ Auch die Futterwiese unterhalb der Schienen sei durch Einsatzfahrzeuge und Trümmerteile arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Ernte wird vielleicht nicht nur in diesem Jahr ausfallen. „Wir haben an die Einsatzkräfte appelliert zu erhalten, was geht“, so Hans Wolf.
Das THW habe zum Abpumpen der Anger zeitweise ein Gerät eingesetzt, das so laut war, dass an Schlaf kaum zu denken gewesen sei.
Am Tag der Sprengung, dem 22. Juni, hatten sich die Wolfs zunächst geweigert, ihre Häuser zu verlassen, bevor nicht geklärt ist, wer für eventuelle Schäden haftet. „Das konnten wir aber nicht klären“, sagt der Hausbesitzer. Schließlich habe Ordnungsamtsleiter Sebastian Schorn eingegriffen. „Er hat uns gesagt, dass Gefahr im Verzug ist und wir jetzt zwingend gehen müssen – oder er kommt mit zwei Polizisten zurück.“ Das habe er allerdings so gesagt, dass es nicht wie eine Drohung klang. „Der Ordnungsamtsleiter war sehr freundlich“, betont Hans Wolf. Schließlich habe sich die Familie auf einen etwa 300 Meter hohen Hügel über den Häusern zurückgezogen. „Wir haben drei Stunden lang in brütender Hitze gestanden“, erinnert sich Hans Wolf. Die Sprengung selbst schätzt er als viel zu stark ein.
Laut THW standen drei mögliche Wege zur Beseitigung des Prellblocks fest. Mittels hydraulischer Meißel hätte der Betonblock „in mühevoller Arbeit über eine lange Zeit zerkleinert werden können“. Als zweite Option hätte das THW den Block mit Löchern versehen und dann per Sprengung zerteilen können. Nachteil dabei: Es hätte mindestens zwei Sprengungen benötigt. Variante drei wäre wieder eine sprengtechnische Lösung. Im Gegensatz zur vorherigen Version waren dazu tiefere Löcher notwendig, die ein Fachunternehmen herstellen müsste.
Nach Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten wurde die letzte Variante gewählt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund zu erwartender Regenfälle in nächsten Stunden und Tagen nach diesem Einsatz. Problematisch bei der Beurteilung war, dass für das Bauwerksteil keine Baupläne vorlagen, aus denen Festigkeit und Armierung hervorgehen.
Die Trümmerteile waren nach Informationen der Westdeutschen Zeitung bis zu 200 Meter weit geflogen. Das Haus der Wolfs steht etwa 150 Meter entfernt von dem gesprengten Prellbock. Reste des Betons finden sich sogar hinter dem Haus. Franziska Pfeifer vom Umweltamtes des Kreises Mettmann kann den Unmut der Familie verstehen. „In den ersten Tagen war die Priorität eins, einen erheblichen Umweltschaden zu verhindern.“ Immerhin seien mehr als 3000 Liter Diesel ausgelaufen.
Eine enorme Bedrohung für die Natur. Da sei sicher auch einmal etwas drunter und drüber gegangen. Auch nach der Sprengung sei viel Arbeit angefallen. Die Zuständigkeiten seien damals für Außenstehende in der Tat nicht besonders transparent gewesen. „Sogar Einsatzkräfte haben mich für die Einsatzleiterin gehalten, das war ich aber nicht“, sagt Franziska Pfeifer, die seit fast zwei Wochen täglich am Ort des Geschehens ist. Und fast täglich stehen neue Herausforderungen an. Vor zwei Tagen musste zum Beispiel die Flandersbacher Straße kurzzeitig gesperrt werden, weil ein Radlader im strömenden Regen drohte, Richtung Anger den Hang herunter zu rutschen. Die Lage sei aber stets unter Kontrolle gewesen.
Der Damm wiederum sei zwar zeitweise überspült worden, habe aber gehalten. Von Überschwemmungen oder vollgelaufenen Kellern habe sie nichts gehört. Die Zahl der Pumpen sei wegen der Wetterlage erhöht worden, die Anger muss in diesem Bereich immer noch umgeleitet werden. Ölsperren sorgen dafür, dass der Diesel aufgefangen wird. Heute soll zudem das Ergebnis einer Bachbettanalyse vorliegen.
Mit Blick auf Familie Wolf sagt sie, die Haftungsfrage müsse wohl noch geklärt werden. „Schäden nach solchen Einsätzen werden auf jeden Fall bezahlt, die Frage ist, von wem.“