Schulbeginn in Ratingen: Schön und teuer
Die Diakonie hat das Projekt „Schulstart ohne Not“ ins Leben gerufen, um armen Familien zu helfen.
Ratingen. Der erste Schultag - ein besonderer Tag nicht nur für die frisch gebackenen i-Dötzchen, sondern auch für deren Eltern. Doch vor allem Hartz IV-Familien sehen diesem Freudentag mit gemischten Gefühlen entgegen, weil ihnen schlicht das Geld für die Grundausstattung fehlt.
Tornister, Buntstifte, Radiergummi, Hefte, Malkasten, Klebestift, Turnbeutel, Anspitzer, Zeichenblock - all das geht ins Geld. "200bis 250 Euro kommen für eine solche Grundausstattung schnell zusammen", weiß Ingrid Esken, Abteilungsleiterin der Diakonie. Doch viele Familien haben dieses Geld einfach nicht.
Deshalb hat die Diakonie mit der Evangelischen Kirchengemeinde, Bezirk West, die Aktion "Schulstart ohne Not" ins Leben gerufen. "Wir wollen damit ein konkretes Zeichen gegen Kinderarmut setzen und bedürftige Familien in West entlasten", sagte Esken. Worum geht es? Diakonie und Kirchengemeinde sammeln Geld und vor allem Sachspenden, um sie dann an jene zu verteilen, die sich die für den Schulanfang benötigten Materialien nicht leisten können.
"Für uns ist das auch ein Stück Chancengleichheit", ergänzt Pfarrer Matthias Leithe, der leidvoll festgestellt hat, wie besonders in West in den vergangenen Jahren die Not und die Probleme größer geworden sind. Jedes sechste Ratinger Kind unter 15 Jahren sei von Hartz IV-Bezug betroffen - konkret sind das aktuell 1624 Kinder, davon knapp 1000 Schulkinder.
"Aber nicht nur Hartz IV-Empfänger haben diese Nöte, sondern auch Familien mit geringem Einkommen, die ganz knapp über dem Satz liegen", berichtet Martina Schreiber, Sozialarbeiterin im Stadtteiltreff "Café Lichtblick". Und wenn die Kindergartenzeit zu Ende geht, stellen sich viele die bange Frage: Womit sollen wir die Schultüte füllen? Die Kindergärten und Grundschulen wissen um den Bedarf und sind deshalb in die Schulstartaktion eingebunden.
Und sie kennen auch die Familien. "Wenn 1,20 Euro für einen Ausflug nicht aufgebracht werden können, oder die Hausschuhe drei Nummern zu groß gekauft werden, weil sie günstig waren und das Kind reinwachsen muss, dann kann man die Not erahnen", sagte Melanie Kerscher, Leiterin der evangelischen Kita an der Berliner Straße.
Für den Schulstart werde dann noch einmal alles Geld zusammengekratzt, nach ein paar Wochen sei die Not aber unübersehbar, wenn das Kind keine Hefte mehr hat oder die gekaufte Billigware ihren Dienst versagt.
Dann soll mit gespendeten Schulsachen ausgeholfen werden. Diakonie und Kirchengemeinde haben an 16 Standorten Kisten aufgestellt, in die die Ratinger ihre Spenden legen können. Gebraucht wird alles vom Bleistift, über Wachsmalstifte, Aufgabenhefte, Klebestifte hin zu Schnellhefter oder Turnbeutel.
Auch Geldspenden sind willkommen (Infos bei Ingrid Esken, Telefon 109 124). Das Pilotprojekt ist zunächst auf Ratingen West und Tiefenbroich beschränkt, je nach Spendenaufkommen können aber auch weitere Grundschulen in Ratingen davon profitieren.