Schulleiterin Winkler: „Ich bin noch mittendrin“
Am Dienstag begrüßte Schulleiterin Erika Winkler zum letzten Mal die neuen Fünftklässler im Gymnasium. Sie geht nach den Ferien in den Ruhestand.
Wülfrath. Das Orchester spielt. Die Aufbruchsstimmung im Forum des Gymnasiums ist spürbar. Für mehr als 100 Mädchen und Jungen ist dieser Dienstagnachmittag ein bedeutender Schritt in ihrem Leben: die Einschulung im Gymnasium. Und dennoch schwingt Wehmut mit. Zum letzten Mal heißt Erika Winkler als Schulleiterin die neuen Fünftklässler willkommen. „Ich fühle mich noch gar nicht nach Abschied. Ich bin noch mittendrin“, sagt die Oberstudiendirektorin im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung.
2003 hat Erika Winkler die Nachfolge von Ulrich Bauckhage in der Schulleitung angetreten. Jetzt, neun Jahre später, schließt sich der Kreis: „Der Jahrgang, den ich als Schulleiterin als ersten begrüßt habe, macht in diesem Jahr Abitur“, merkt sie an. Das Gymnasium hat sich in den vergangenen Jahren erheblich geändert, „weiterentwickelt“, wie sie es formuliert. Und damit meint sie nicht neue Fenster und Fassaden.
In der Lehrerschaft habe sich ein Generationen-Wechsel vollzogen. Viele altgediente sind in den Ruhestand getreten. „Das Kollegium hat sich extrem verjüngt“, sagt Erika Winkler. Das bringe Veränderungen mit sich — nicht nur bei pädagogischen Ansätzen und mit neuen Ideen. „Viele unterrichten in Teilzeit. Das erhöht die Zahl der Kollegen und den Aufwand in der Organisation.“ Die neue Schulordnung, ein Leitbild und die Unterrichtsentwicklung streicht sie als wichtigste Vorhaben der vergangenen Jahre heraus.
Besonders die Entwicklung des Unterrichts, betont sie, liegt ihr am Herzen. Und wenn sie darüber spricht, erhält der Zuhörer nicht das Gefühl, dass sich da jemand sich auf die Pensionierung freut. „Ich mache meinen Job immer noch gerne. Die Arbeit mit jungen Menschen empfinde ich als Bereicherung.“ Außerdem habe sie als Leiterin auch jetzt noch „genug zu erledigen. Ich will meinem Nachfolger einen guten Einstieg ermöglichen“.
Der Schüler 2012 sei ein anderer als noch vor zehn Jahren, sagt sie in der Rückschau. „Leider werden die Schüler unpolitischer. Sie sind stärker auf sich fixiert“, sagt Erika Winkler. Das dürfe man nicht bejammern. „Das ist aber Fakt.“ Schließlich ständen alle Schüler heute unter einem ganz anderen Druck. Auch die Verkürzung der Schulzeit von 13 auf zwölf Jahre trage dazu bei.
Bisher habe sie den Kopf nicht frei, darüber nachzudenken, wie sie ihre neue Freizeit im Ruhestand füllen werde, „eben weil ich noch mittendrin bin“. Sie plane aber eine ausgedehnte, lange Wanderung auf dem italienischen Weitwanderweg. „Da werde ich mir klar werden.“
Und was wünscht sie dem Wülfrather Gymnasium? Sie antwortet nicht sofort, denkt nach. „Dass es einen guten Stellenwert hat, dass es zur Ruhe kommt,“ sagt sie schließlich. Und sie fügt nachdenklich Zweifel hinzu. Dass der Schulausschuss am Mittwoch beschließen soll, dass in Zukunft nur noch drei Klassen pro Jahrgang gebildet werden dürfen, schade dem Gymnasium existenziell.
„Die Qualität würde sich verschlechtern, weil gute Schüler abgelehnt werden müssten“, sagt sie. Dass dadurch eine Sekundarschule in Wülfrath gestärkt werden könnte, hält sie für einen Trugschluss: „Eltern, die ihr Kind an einem Gymnasium einschulen wollen und dort aus Kapazitätsgründen abgelehnt werden, suchen sie sich ein anderes Gymnasium. Sie sind für Wülfrath verloren.“