Gymnasium: Kleine Anekdoten und große Literatur
Gymnasiasten tragen vor 60 Zuhörern in der Medienwelt selbst verfasste Texte vor.
Wülfrath. Wenn der Wecker viel zu früh schrillt, man sich im Halbschlaf den Zeh an einer Kommode stößt und anschließend die nörgelnde Mutter ertragen muss, kann das ein typischer Morgen im Leben eines Schülers sein — oder aber der Fantasie entspringen und zu einer Geschichte für die Lesung des Literaturkurses in der Medien Welt werden.
Ein Jahr hatten die Schüler der zwölften Klasse des Gymnasiums Zeit, um in dem Kurs an ihren Texten zu feilen, bevor sie nun vor 60 Zuhörern präsentiert wurden. Worüber sie schreiben und woher sie ihre Ideen nehmen, sei den Schülern überlassen gewesen, sagt Deutschlehrerin Anke Knevels: „Sie haben sich in Kleingruppen aber immer beraten.“
Vielleicht war es also tatsächlich die Kollision mit einer Kommode am Morgen, die Jan-Arndt Schmidt dazu bewog, den Text „Dienstag“ über alltägliche Schülerprobleme zu schreiben. Woher die Inspiration kam, war für seinen Auftritt jedoch letztlich egal. Da ging es mehr um das Spiel mit der Sprache, darum, ob „Prügel“ auch als Adjektiv oder gar Adverb verwendet werden kann. Julia Beischers Text „Gestörte Selbstwahrnehmung“ handelte hingegen von einer Mücke, die sich wie ein Vampir in den „Twilight“-Büchern ihrem Opfer nähert.
In Sven Stenkes „Ansichtssache“ bekam ein Enkel unfreiwillig eine etwas andere Nachhilfestunde in deutscher Geschichte von seinem Großvater. Und bei Robert Hoffmanns „Die humane Grundproblematik“ wurde am Ballermann-Schlager „20 Zentimeter“ der Sängerin Möhre eine grandiose Gedichtanalyse durchgeführt. Selbst Literaturklassiker nahmen sich die Schüler zur Brust.
Goethe wurde da schnell mal zu einem mordenden Zombie-Fötus und auch William Shakespeare kam beim literarischen Nachwuchs in Person von Jan-Arndt Schmidts nicht besonders positiv weg: „Spacko, ey!“