Velbert Nach dem Sieg eines „Müll-Rebellen“ gibt es keinen Freibrief für Abfallsünder

Neviges · Amtsgericht Wuppertal sah die Ahndung mit einem Bußgeldverfahren als nicht angemessen an.

Auch am gestrigen Dienstag waren die Papiercontainer in Tönisheide wieder so voll, dass Friedemann Winter nur mit Mühe seine Kartons dort unterbringen konnte.

Foto: Ulrich Bangert

Das war für Friedemann Winter im vergangenen August eine nervige Odyssee: Er wollte nur ein paar Kartons in einem Papiercontainer entsorgen. Der am Stadtgarten war voll. „Da stand schon etwas oben drauf“, erinnert er sich und steuerte anschließend den Coantainerstandort Auf der Beek an. Weil da auch nichts mehr reinpasste, fuhr er zum Putschenholz in Velbert-Mitte. „Die Container waren aber wegen Bauarbeiten abgebaut worden.“ Nächster Anlaufpunkt war die Herzogstraße, wo ebenfalls kein Platz mehr war. Von dort ging es nach Tönisheide an dem Parkplatz vor Aldi. Pickepackevoll waren auch diese Behälter. Entnervt stellte der Nevigeser die Kartons daneben ab. Doch an einem Versandkarton klebte ein Aufkleber mit Winters vollständiger Adresse. Die städtischen Mülldetektive hatten es einfach: Einige Tage später schickte die Stadt Velbert einen Bußgeldbescheid über 128,50 Euro.

Friedemann Winter legte Widerspruch ein, der von der Verwaltung abgelehnt wurde. Der Dozent für Betriebswirtschaftslehre nahm sich einen Anwalt und zog vor das Amtsgericht Wuppertal, das vor wenigen Wochen das Verfahren einstellte, „weil eine Ahndung nicht geboten scheint“, wie Richter Podeyn feststellte, wobei die Kosten des Verfahrens die Staatskasse trägt. „Das ist ausgegangen wie das Hornberger Schießen“, so Friedemann Winter, der das Verhalten derr Velberter Verwaltung als „lächerlich“ bezeichnet und weiterhin seine Kartons neben die Container abstellen wird, falls in die nichts mehr hineinpasst. „Wenn die Technischen Betriebe es nicht schaffen, regelmäßig zu leeren, ist das ein Organisationsversagen. Die Stadt muss dafür sorgen, dass ich meinen Müll entsorgen kann ohne eine große Tour zu unternehmen.“

Die in dem Rechtsstreit unterlegene Stadt Velbert stellt fest, dass gemäß § 47, Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom Gericht ein Verfahren eingestellt werden kann, wenn eine Ahndung nicht geboten erscheint. „Die Gründe wurden jedoch nicht mitgeteilt. In der Regel handelt es sich hier jedoch um Einstellungen aufgrund von geringer Schuld oder fehlendem öffentlichen Interesse. Die Einstellung ist immer eine Einzelfallentscheidung. So kann das Gericht aufgrund der Umstände des Einzelfalls zum Beispiel zu der Erkenntnis gekommen sein, dass die Person persönlich nur eine sehr geringfügige Schuld trifft“, so die Verwaltung in einer Stellungnahme gegenüber der WZ. Wichtig ist es der Stadt Velbert zu betonen, dass die Einstellung des Verfahrens keinen Freispruch darstellt. „Man kann aus der Entscheidung des Gerichts also nicht ableiten, dass das falsche Entsorgen/Ablagern von Abfällen grundsätzlich nicht verfolgt werden darf oder sogar erlaubt wäre. Hier wurde nur über einen konkreten Einzelfall entschieden. Insoweit sieht die Stadt Velbert keinen Anlass, vom bisherigen Verfahren abzuweichen und wird weiterhin Bürgerinnen und Bürgern mit Bußgeldern belegen, die nachweislich ihren Papierabfall oder anderen Abfall neben den Wertstoffcontainern abstellen. Beschäftigte des Kommunalen Ordnungsdienstes kontrollieren regelmäßig die Wertstoffcontainerplätze und dokumentieren Verstöße und versuchen festzustellen, wer den Verstoß begangen hat,“ kündigt Pressesprecher Hans-Joachim Blißenbach an.

Generell sind die haushaltsüblichen Abfälle, wie Restmüll, Bioabfälle, Sperrmüll, Papier über die Stadt beziehungsweise die Technischen Betriebe (TBV) zu entsorgen. Das ist der so genannte Anschluss- und Benutzungszwang. Abfälle, die seitens der Stadt beziehungsweise des Entsorgungsträgers von der Abfuhr ausgeschlossen sind, sind bei den in der Kreissatzung vorgegebenen Entsorgungsanlagen anzuliefern. Dazu zählt unter anderem die Müllverbrennungsanlage der AWG in Wuppertal.