Velbert Sparkasse HRV stöhnt über Niedrigzinsen
Velbert. · Auch die Regulierungswut macht dem Institut zu schaffen. Trotzdem konnten die gesteckten Ziele in 2019 erreicht werden.
Nachdem im vergangenen Jahr die Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert die Geschäftsstelle Tönisheide geschlossen hat und dort auf Selbstbedienung umgestellt hat, sind in diesem Jahr keine weiteren Filialschließungen geplant. Das versicherte Jörg Buschmann bei der Bilanzpressekonferenz am Montag und fügte erklärend zu den geschlossenen Dependancen hinzu: „Einmal im Jahr schauen wir uns an, wie Kunden die Filialen nutzen. Es wird immer mehr digital erledigt. Das stationäre Geschäft nimmt ab, nicht nur um Geld abzuholen, sondern auch bei der Beratung. Die Menschen nehmen dafür lieber die größeren Geschäftsstellen in Anspruch. Wird das Angebot in den kleinen Filialen nicht mehr nachgefragt, rechnet sich das kaufmännisch nicht.“
Fast papierlose Ausbildung von Azubis und dualen Studenten
Die Sparkasse passt sich der fortschreitenden Digitalisierung im Geldgeschäft an: Die derzeit 21 Auszubildenden und dual Studierenden werden direkt mit einem Tablet ausgestattet, sie erhalten eine fast papierlose Ausbildung. Auch die gestandenen Mitarbeiter bilden sich laufend weiter, inzwischen haben alle den „digitalen Führerschein“ in der Tasche, mit dem sie sicher durch alle digitalen Angebote des Hauses und andere Lebensbereiche steuern.
„Trotz des volkswirtschaftlichen Wachstums und der vielen Erwerbstätigen, werden die Zeiten für Finanzdienstler immer schwieriger“, stöhnt der Sparkassenchef und macht dafür neben der steigenden Bankenregulierung die langjährige Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verantwortlich. „Trotzdem haben wir die Ziele, die wir uns für 2019 gesteckt haben, erreicht.“ Die Bilanzsumme ist um 4,1 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro gestiegen. „Das ist ein solider Ertrag, eine Ausschüttung an die drei Trägerstädte ist möglich. Wie hoch sie sein wird, kann ich nicht sagen. Das waren in der Vergangenheit immer etwa zwei Millionen Euro. Über die genaue Höhe entscheidet der Verwaltungsrat.“
Beim Kreditneugeschäft wurde das Wachstum des Vorjahres deutlich überschritten; sehr erfreulich für die Sparkasse verlief das Kreditgeschäft mit Investoren, die 45,2 Millionen Euro nachfragten. Da die Firmenkunden über eine gute Eigenkapitalausstattung verfügen, blieb die Nachfrage aus diesem Bereich verhalten. Besser lief es beim Leasing-Geschäft: „Mit 12,9 Millionen Euro hatten wir ein schönes Ergebnis, wir belegen damit den zweiten Platz innerhalb einer bundesweiten Vergleichsgruppe mit 128 Sparkassen.“
94 Objekte für insgesamt 25,4 Millionen Euro verkauft
Die Nachfrage nach Immobilien überstieg bei weitem das Angebot, 94 Objekte mit einem Gesamtkaufpreis von 25,4 Millionen Euro wurden vermittelt: „Die Gefahr einer Immobilienblase sehe ich auf keinen Fall“, so Buschmann, der den deutlichen Zuwachs von 4,5 Prozent beim Einlagengeschäft mit dem großen Vertrauen der Kunden begründet. Die Tatsache, dass das gute alte Sparkassenbuch, bei dem es kaum noch Zinsen gibt, nochmals deutlich zulegte, erklärt er durch Psychologie: „Der Deutsche möchte gerne ein handfestes Dokument haben, das Sicherheit vermittelt.“
Wer aus seinem Geld mehr herausholen möchte, fragt Anlagen in Wertpapieren nach. „Wir beraten Kunden, um der Normalzinsfalle zu entgehen. Dabei achten wir auf eine vernünftige Streuung, die Sicherheit bietet“, beschreibt Vorstandsmitglied Josef Stopfer alternative Anlagestrategien. „Die lange verpönte Lebensversicherung erlebt eine Renaissance. Wenn man die Inflation schlagen kann, ist das schon die halbe Miete.“ Da die EZB das Geld lieber dem Markt zuführen möchte, als auf ihren Konten zu lagern, werden Negativzinsen erhoben. Die Sparkasse HRV kommt nicht umher, diese weiterzugeben: Bei Firmenkunden ab einer Einlagensumme von 500 000 Euro, bei Kommunen ab einer Million Euro. „Ich schließe nicht aus, dass wir das bei Privatkunden ab 500 000 Euro auch machen müssen“, so Buschmann. Er gibt zugleich Entwarnung: „99 Prozent unserer Kunden sind davon nicht betroffen.“ Bei den Gebühren sieht er die Tendenz nach oben. Immerhin: „Eine Giropreiserhöhung ist für 2020 nicht eingeplant.“