„Vorschlägen müssen Taten folgen“

Bei der Diskussion über das Integrierte Handlungskonzept für Neviges herrschte großer Andrang.

Foto: Simone Bahrmann

Neviges. Im Sitzungssaal der Feuerwache wurden reihenweise zusätzliche Stühle aufgebaut, das Interesse an der Bürgerbeteiligung am Integrierten Handlungskonzept zur Entwicklung der Nevigeser Innenstadt war riesig. Was fehlte, war ein Mikrofon, die Redner mussten sich ohne Verstärkeranlage Gehör verschaffen. „Wären wir in Velbert-Mitte, gäbe es bestimmt ein Mikrofon“, ätzte eine Zuhörerin, bevor Bezirksausschussvorsitzender Rainer Hübinger auf die schwierige Lage des Einzelhandels zu sprechen kam. „Ein Problem, das viele Städte zwischen 15 000 und 20 000 Einwohner haben.“ Bürgermeister Dirk Lukrafka warb für das Handlungskonzept, betonte die Schwächen, aber auch die Stärken: „Da ist gerade die Wallfahrt bedeutend“, und begrüßte den Wallfahrtsleiter Bruder Frank.

Stadtentwicklerin Elisabete Lopes Marta erläuterte das „Trading down“, wie aus dem Fachgeschäft ein Leerstand wird. „Ein Teufelskreis, der ein schlechtes Image beschert, die Besucher bleiben aus. Zur Lösung gibt es kein Patentrezept, aber Analyse und Ziele wurden im Rahmen des Handlungskonzeptes schon zu Papier gebracht. Das ist nicht in Stein gemeißelt, Anregungen wollen wir einfließen lassen.“ Es gibt mehrere Szenarien. „Wenn man nichts tut, wird sich der negative Trend fortsetzen.“ Einen reinen Wohnstandort für Neviges verwarf die Stadtplanerin ebenso wie ein reines Zentrum der Wallfahrt. „Dann müsste sich der Ort den Pilgern anpassen.“ Angestrebt wird eine vielfältige Aufstellung mit Wallfahrt, Tourismus und Nahversorgung. Dabei sollen möglichst viele Stärken für eine ganzheitliche Entwicklung genutzt werden.

„Hier muss wieder ein Lebensmittelmarkt hin“, war die prompte Antwort aus dem Publikum. Unterstützung gab es von Chef-Stadtplanerin Heike Möller. „Das geht nicht, dass hier keine Einkaufsmöglichkeit ist“, stimmte sie zu und versprach, dass die 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche in dem hochwertigen Gebäude auf Dauer nicht leer bleiben wird. „Da ist Bewegung drin“, sagte sie, wollte aber über die aktuellen Verhandlungen nicht mehr verraten.

Während Heike Möller in den Leerständen einen Spiegel im Strukturwandel ausmacht, nahm eine Besucherin die Händler in Pflicht. „Wir kriegen während der Wallfahrtszeit viele Besucher, warum gibt es im Buchladen nicht ein Schaufenster mit theologischer Literatur? Zwischen 13 und 15 Uhr haben die Wallfahrer Zeit, aber dann sind die Läden zu, die Pilger steigen in den Bus und sind weg.“

Eine weitere Nevigeserin riet ihren Mitbürgern, sich an die eigne Nase zu fassen, weil sie nicht im eigenen Dorf einkaufen. Ratsmitglied August-Friedrich Tonscheid hat nach seinem Bekunden eine solche Veranstaltung bereits zum fünften Mal erlebt. „Wenn jetzt nicht Taten, sondern nur Versprechungen folgen, dann ist Sabbat. Ich möchte nicht, dass hier die Lichter ausgehen.“ Gemeckert wurde darüber, dass in Velbert-Mitte und in Langenberg viel gemacht wurde. „Da ist viel passiert“, räumte Rainer Hübinger ein, versicherte jedoch, dass die Stimmung dort nicht besser ist: „Der Strukturwandel ist dort auch spürbar.“

Selbstverständlich kam die Sprache auf das Schloss, dass Dirk Lukrafka als den touristischen Baustein ansieht, um Menschen nach Neviges zu holen. Den Vorwurf, die Stadt sei in Sachen Schloss inaktiv gewesen, ließ der Bürgermeister nicht auf sich sitzen: „Wir hatten immer wieder Konzepte, aber wir bekamen keine Fördergelder.“ Jetzt ist der erste Bürger froh, dass die Kasematten saniert sind und insgesamt acht Millionen Euro für das Schloss in Aussicht stehen.