Wenn der Hund das Herrchen meldet
Wülfrath. Ob sich ein Hund im Haus befindet, erfährt Detlef Hüttermann in der Regel bevor sich die Tür öffnet. Die meisten Vierbeiner melden sich beim Druck auf die Klingel beim Hundezähler, noch bevor das Herrchen auch nur einen Ton sagen kann.
So wie gestern am ersten Tag der offiziellen Hundezählung in Wülfrath. Hüttermann klingelt an einem Einfamilienhaus am Rotdornweg. Hinter der Tür setzen sich hektisch Pfoten in Bewegung. Sofort ertönt ein mehrstimmiges Bellkonzert. Detlef Hüttermann notiert „Hunde gehört“ und hinterlässt ein Informationsschreiben der Stadt im Briefkasten.
Die Stadt hat ein Dienstleistungsunternehmen damit beauftragt, alle Hunde im Stadtgebiet zu erfassen, um Steuersünder aufzuspüren, die ihr Tier bislang nicht gemeldet haben. Bis zu den Herbstferien wollen Hüttermann und seine zehn Kollegen jede Haustür in Wülfrath abgearbeitet haben. „Da müssen wir gnadenlos durch“, sagt der Projektleiter. In 99 Prozent der Fälle stehen die Bürger ihm freundlich gegenüber. „In sozialen Brennpunkten kommt es schon mal vor, dass Menschen aggressiv werden. Da gehen wir dann auch nicht alleine hin“, berichtet der Hundezähler auf dem Weg zur nächsten Tür. In Wülfrath gebe es das aber nicht.
Es ist Nachmittag, viele Wülfrather sind nicht zu Hause. Trotzdem hat Hüttermann an jeder zweiten, dritten Tür Glück. Manchmal öffnen ältere Menschen zögerlich und schauen den Stadtgesandten mit großen Augen an, andere Male stürmt direkt ein Vierbeiner aus der Wohnung. „Siggi, komm zurück“, sagt Oliver Thielmann (20). Doch die Continental Bulldogge schnüffelt schon an dem Besucher. Wäre Siggi — eigentlich Sieglinde — nicht bereits gemeldet, sie hätte das mit ihrem beherzten Auftreten selbst übernommen.
Für die Hundezähler gibt es klare Spielregeln: Sie dürfen nur auf dem direkten Weg zur Haustür gehen und nicht die Wohnung betreten. „Selbst nicht, wenn es in Strömen regnet und wir hineingebeten werden“, sagt der Projektleiter, der in seiner Laufbahn bereits 250 Hundezählungen durchgeführt hat. Vielleicht liegt es an den strikten Regeln, dass die Bissquote bislang beeindruckend ist. „Das ist noch bei keinem unserer Projekte passiert“, lacht er.
Der Hund von Cornelia Deidelstürz, ein niederländischer Kooikerhondje, wirkt so, als hätte er Angst, gebissen zu werden und versteckt sich hinter der Tür. „Er fürchtet sich vor Fremden“, sagt die 50-Jährige. Obwohl sie nichts zu verbergen hat, findet sie die Zählung fragwürdig. „Das ist doch eine teure Aktion“, sagt sie. „Man sollte lieber an die Vernunft der Leute appellieren.“
Doch die Zahlen geben den Hundezählern gute Argumente. Selbst in Gebieten, in denen eine Stadt oft nachfasst, sei eine Quote von elf bis zwölf Prozent Neuerfassungen nach einer Zählung normal. „Das ist das untere Spektrum. Im Norden hatten wir eine mittelgroße Stadt, da gab es einen Zuwachs von 87 Prozent.“
Klar, dass Hüttermann nicht immer mit offenen Armen empfangen wird. Wolfgang Henne allerdings findet die Aktion super. Der hundelose Wülfrather steht im Türrahmen und sagt: „Das ist auf jeden Fall gut. Hier im Gebiet gibt es sehr viele Hunde.“ Das störe ihn besonders wegen ihrer Hinterlassenschaften. Da sollten die Herrchen zumindest ihre Steuern zahlen.
Doch alle schwarzen Schafe werden nie erwischt. Am Ende fallen in der Regel 20 Prozent der Bürger unbefragt durchs Raster. „Manche öffnen aus Angst nicht die Tür oder sind verreist“, berichtet Hüttermann. Andere haben eine Ausrede parat. Nicht selten hören die Erfasser den Satz: „Das ist der Hund vom Nachbarn.“